Am 12.7.2009 ließ Bundeskanzler Faymann in der Pressestunde mit der Forderung nach der Auflösung der ÖIAG aufhorchen. Prompt reagierten sog. ExpertInnen mit der Aussage, dass damit wohl weitere Privatisierungen "nicht mehr gewünscht seien". Schön wäre es!
Tatsächlich ist die ÖIAG für alle Lohnabhängigen in diesem Land ein Monster. Ihre eigentliche Aufgabe war nicht die Verwaltung der Bundesanteile an diversen Unternehmen (von denen ohnedies fast nichts mehr übrig geblieben ist), sondern deren möglichst billige Verscherbelung an die privaten ProfitmacherInnen, was üblicherweise Privatisierung genannt wird. In der Folge kam es in diesen dann ehemals verstaatlichten Betrieben zu Personalabbau und einer massiven Verschlechterung der Arbeitsbedingungen.
Aber auch in jenen Betrieben, die sich noch teilweise im Staatsbesitz befinden, spielt die ÖIAG eine mehr als unrühmliche Rolle. Zwei Beispiele aus letzter Zeit zeigen das deutlich. Neben ihrer Rolle als Privatisierungsagentur ist die ÖIAG seit Jahren bei der AUA-Gruppe selbst die Haupttriebkraft von Arbeitsplatzabbau und Verschlechterung der Arbeitsbedingungen. Und jetzt beweist sie einmal mehr, wie ernst die öffentlichen Interessen genommen werden: Die AUA soll der Lufthansa noch nicht einmal billigst verkauft werden – wenn die staatliche Mitgift mitgerechnet wird, dann bekommt die deutsche Luftlinie sogar noch etwas dafür drauf, dass sie die Lufthansa-Anteile der Republik übernimmt. Das ist das öffentliche Interesse, das sie meinen!
Bei der Post, die sich nach wie vor zu 53% im Bundesbesitz befindet (und da sind die den Beschäftigten mit zahlreichen Tricks angedrehten Aktien noch gar nicht eingerechnet) ist sie neben Postamtsschließungen, Auslagerungen, Personalabbau, der Bunkerung von "überzähligen BeamtInnen" in der sog. Personalagentur und der laufenden Verschlechterung von Arbeitsbedingungen nun auch munter dabei, durch einen neuen Kollektivvertrag für Privatangestellte die Belegschaft zu spalten. Ist diese weitere Verschlechterung der Arbeitsbedingungen im öffentlichen Interesse? Die Vernichtung von Arbeitsplätzen in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit? Die Ausdünnung der Versorgung mit Postdienstleistungen gerade auf dem flachen Land, aber nicht nur dort?
Wir dürfen uns nicht wundern, dass eine ÖIAG, die unter Schwarz-Blau-Orange mit den bürgerlichen Parteien nahestehenden ManagerInnen vollgepfropft wurde, so agiert. Aber auch sog. rote ManagerInnen haben in den Jahren zuvor keinen Deut besser agiert und sind die Hauptverantwortlichen dafür, dass von der ehemaligen Verstaatlichten kaum mehr etwas übrig ist. Umso bemerkenswerter ist der faymann'sche Kurswechsel. Aber handelt es sich dabei wirklich um einen solchen? Wir bezweifeln es! Bei einer Auflösung der ÖIAG würde die Verwaltung der verbliebenen Bundesanteile direkt durch das schwarze Finanzministerium erfolgen. Und das Pröll weiter privatisieren will, ist allgemein bekannt. Wenn dieser sich heute gegen die Auflösung der ÖIAG ausspricht, obwohl er selbst viel einfacher und schneller privatisieren könnte, dann nur, weil er genau weiß, dass mit Privatisierungen keine Wahlen zu gewinnen sind und es daher besser ist, wenn das die ÖIAG macht, so dass die ganze Regierung (inklusive SPÖ) dafür verantwortlich ist.
Wir bezweifeln also, dass die Auflösung der ÖIAG zu etwas Besserem führen würde. Trotzdem stehen wir für die sofortige Auflösung der ÖIAG, so dass die Bundesanteile nicht mehr nach privatkapitalistischen Kriterien, sondern wirklich im öffentlichen Interesse verwaltet werden könnten. Dazu braucht es aber viel mehr, v.a. nämlich die vollständige Kontrolle von Beschäftigten (und LeistungsnutzerInnen, wo es um öffentliche Leistungen geht) über die staatlichen Anteile bzw. Betriebe. Das müsste übrigens auch für alle anderen von der öffentlichen Hand, egal ob Bund, Länder oder Gemeinden, privatisierten und ausgegliederten Betriebe gelten.
Gleichzeitig muss uns aber auch bewusst sein, dass eine Wirtschaft nur dann im öffentlichen Interesse funktionieren kann und wird, wenn diese auch der Öffentlichkeit gehört. Gerade im Zeitalter der Wirtschaftskrise wird alles andere im Vergleich zur Rettung der Profite für die ShareholderInnen nebensächlich. Daher sind wir nicht nur gegen jede weitere Privatisierung und Ausgliederung, sondern für die Wiederverstaatlichung aller davon betroffenen Betriebe und auch die Verstaatlichung all jener Unternehmen, die heute trotz Gewinnen Arbeitsplätze vernichten, Produktionsstandorte schließen oder verlagern.
Die Auflösung der ÖIAG ist ein erster Schritt; wollen wir aber die Krise und ihre Auswirkungen auf uns Lohnabhängige auf Dauer bekämpfen, dann müssen noch viele folgen – v.a. gilt es dazu in den Reihen von Gewerkschafts- und Parteispitze endliche mit der Logik zu brechen, dass Privat besser ist als Staat. Wer nicht vollkommen mit Blindheit geschlagen ist, kann heute jeden Tag Beispiele dafür sehen (und nicht nur in Österreich), dass gerade das Gegenteil der Wahrheit entspricht.
Die alte Verstaatlichte war undemokratisch – ohne Einbindung von LeistungsnutzerInnen und Beschäftigten – organisiert. Heute haben wir die Chance, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren: Mit einer demokratisch von den genannten Gruppen verwalteten und vernetzten Wirtschaft, die endlich damit beginnt im Interesse der Öffentlichkeit zu agieren. Und die Öffentlichkeit, das sind zu über 90% wir Lohnabhängigen und nicht die paar KapitalistInnen im Land, die heute das Sagen haben. Herr Faymann, jetzt ist es Zeit für einen echten Kurswechsel im Sinne der übergroßen Mehrheit in diesem Land und gegen ihren Freundesklüngel von Medienzaren und AktienbesitzerInnen. Damit könnten sie Geschichte schreiben!
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