Auch wenn die Situation in Österreich nur begrenzt mit jener in
Griechenland vergleichbar ist, so halten doch die Aktionen der
arbeitenden GriechInnen gegen den sozialen Dauerkahlschlag doch einige
Lehren für uns Lohnabhängige in Österreich bereit. Vor allem haben sie
schon längst verstanden, dass mit der ersten Sparmaßnahme die
Schleusentore weit geöffnet sind. Etwas, was wir noch nicht gelernt
haben, wie sich daran zeigt, dass das dramatischste Sparpaket der
Zweiten Republik bisher auf keinerlei Widerstand gestoßen ist. Dafür
werden wir noch bitter bezahlen müssen, wenn die nächsten Einschnitte
kommen.
Am 12. Februar 2012 stimmte das griechische Parlament für ein neues
Spardiktat der sog. Troika von EU, Europäischer Zentralbank und
Internationalem Währungsfonds. Die Marionettenregierung Papademos hatte
zuvor fortgesetzte Massenentlassungen im Öffentlichen Dienst, weitere
Kürzungen des Mindestlohnes und der Pensionen beschlossen.
Der enorme soziale Druck, der auf der griechischen Gesellschaft
lastet, manifestiert sich mittlerweile nicht mehr nur in einer permanent
weiter wachsenden gesellschaftlichen Mobilisierung. Diesmal stimmten
daher nicht nur die Abgeordneten der Linken (der KKE und der SYRIZA)
gegen die Regierungsvorlagen. Auch insgesamt 43 Abgeordnete von
Sozialdemokratie und Konservativen votierten mit Nein, obwohl ihnen in
diesem Fall bereits zuvor der Parteiausschluss angedroht worden war, und
in der Folge auch umgesetzt wurde. Daran könnten sich all die
ParlamentarierInnen in Österreich, die so gerne die Sparpakete
kritisieren, ein Vorbild nehmen, insbes. auch das einzige mutige
Mitglied des SPÖ-Parteivorstandes, der in diesem gegen den sozialen
Kahlschlag in Österreich gestimmt hat.
In Griechenland fällt es der herrschenden Klasse immer schwerer, ihre
Interessen durchzusetzen. Selbst der sonst mehr als gefügige
Staatsapparat setzt sich zur Wehr. So ließ die Polizeigewerkschaft Ende
letzter Woche aufhorchen, als sie erklärte, dass sie VertreterInnen der
Troika verhaften lassen und vermeiden würde, gegen ihre "Brüder und
Schwestern im Volk" zu kämpfen.
Der letzte Besuch der Troika, aber auch die Parlamentssitzungen
wurden durch einen Generalstreik der größten Gewerkschaften begleitet.
Allein in Athen demonstrierten am 12. Februar mindestens 100.000
Menschen. Diese Massendemonstrationen zeigen, dass große Teile der
griechischen Bevölkerung nicht mehr bereit sind, sich widerstandslos
noch mehr zugunsten der Profite wegnehmen zu lassen.
In den letzten Monaten gab es nicht nur Massenstreiks um einzelne
Aktionstage. Seit längerem befinden sich wichtige Sektoren der
Lohnabhängigen – wie z.B. die StahlarbeiterInnen – im Dauerstreik. Hinzu
kommen Betriebsbesetzungen, wie z.B. in einigen Krankenhäusern, die nun
noch unter Kontrolle der Beschäftigten die Versorgung der PatientInnen
organisieren.
Die breite Masse in Griechenland ist heute bereits gegen alle
Kürzungsmaßnahmen und für die Streichung aller Schulden. Alle
vergangenen und künftigen Vereinbarungen mit der Troika werden nur mehr
von einer verschwindenden Minderheit akzeptiert. In Anbetracht dessen
vertritt die Regierung sicherlich nicht mehr die Interessen der
Mehrheit, was wohl auch für Österreich gilt. In solch einer Situation
müssen daher die arbeitenden Menschen, die Jugend und die
PensionistInnen ihr Schicksal selbst in die Hände nehmen, indem sie
überall Aktionskomitees zur Verteidigung ihrer Lebensbedingungen
installieren, diese landesweit vernetzen und so demokratisch organisiert
dafür sorgen, dass die Maßnahmen des Kapitals auf ihre Kosten nicht
mehr umgesetzt werden können.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen