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Donnerstag, 19. April 2012

Kooperativen als Alternative?

In Anbetracht von Betriebsschließungen und Standortverlagerung wird auch in Europa – v.a. von der Gewerkschaftslinken – wieder zunehmend das Modell der Kooperative als gangbare Alternative für die Lohnabhängigen dargestellt. In Frankreich z.B. findet sich sogar im Wahlprogramm der Front de Gauche (Front der Linken) die Forderung, dass die Beschäftigten in diesen Fällen das Recht haben müssen, ihren Betrieb in Form einer Kooperative wieder aufnehmen zu dürfen.

Selbstverständlich finden solche Forderungen bei den von Schließungen, Stellenabbau und Verlagerungen Betroffenen ein positives Echo. Sie wollen ihre Arbeitsplätze lieber in einer Kooperative behalten als verlieren. Zusätzlich erscheint es auf den ersten Blick erfreulich, MitbesitzerIn des Betriebes zu werden und zumindest in der Theorie mehr Mitsprache bei Arbeitsbedingungen und Bezahlung zu haben.
Versuche in diese Richtung sind also in Anbetracht bedrohter Arbeitsplätze verständlich, müssen aber durchaus kritisch gesehen werden. Sie sind nämlich mit einer ganzen Reihe von Gefahren verbunden. Insbesondere zeigt die Erfahrung, dass Kooperativen keine wirklich Alternative zum kapitalistischen Eigentum sind.
Überall in der Welt entstehen tagtäglich zahlreiche Kooperativen und andere gehen ein. Warum? In erster Linie gilt für Kooperativen dasselbe wie für jeden andern Betrieb. Sie stehen in Konkurrenz zu anderen Betrieben – ob diese nun profitorientierte Unternehmen oder selbst Kooperativen sind. Konkurrenz aber bedeutet immer, dass die einen auf Kosten der anderen größer werden, während die Schwachen von den Starken gefressen werden.
Um den eigenen Untergang zu verhindern, werden die Beschäftigen also tun, was alle KapitalistInnen auch tun – sie versuchen zu wachsen, indem die Produktionskosten gesenkt werden. Die Beschäftigten verstärken also ihre eigene Ausbeutung, um – auf Kosten anderer Betriebe und damit indirekt von deren Beschäftigten – als Betrieb größer zu werden und den eigenen Marktanteil zu halten. In letzter Konsequenz kann ein solches System nur darin enden, bei den Beschäftigten die Mentalität von EigentümerInnen zu schaffen und immerfort zu verstärken. Mit der weiteren Entwicklung wird also jede Kooperative dazu tendieren, sich in eine ganz normale kapitalistische Unternehmung zu verwandeln; die Eigentumsverhältnisse sind dabei nebensächlich!
Ein sehr gutes Beispiel ist die riesengroße baskische Kooperative Mondragon. Diese beschäftigt weltweit 82.000 Personen und hat sich mit den Jahren in einen echten multinationalen Konzern verwandelt. Ihre 129 Standorte beschäftigen sich mit so unterschiedlichen Geschäftszweigen wie Bau, Industrie, Forschung, Handel und sogar Finanz. 2008 lag der Umsatz von Mondragon bei rund 15 Milliarden US-Dollar.
In Anbetracht der Wirtschaftskrise mussten sogar ManagerInnen dieser Kooperative zugeben, dass der Konzern im gleichen Markt agiert wie alle anderen, und um wirtschaftlich zu überleben, Lohnkürzungen und Stellenabbau ebenso an der Tagesordnung stehen wie bei allen anderen Multis. So hat sich z.B. José Luis Lafuente in einem Interview, das in der kanadischen Zeitung Le Mouton noir erschienen ist, geäußert. Kein Wunder also, dass diese Kooperative im Besitz der Beschäftigten 2008 in Anbetracht der Krise 7.000 der MitbesitzerInnen (also danach ehemalige Beschäftigte) auf die Straße gesetzt hat.
Was also muss noch mehr gesagt werden, um zu zeigen, dass Kooperativen im Rahmen des Kapitalismus keinen Ausweg für uns arbeitende Menschen aus dem Tränental von Ausbeutung und schlechten Arbeitsbedingungen sein können? Bei drohenden Werksschließungen bleibt daher die Forderung nach der Verstaatlichung des betroffenen Betriebes und seiner Fortführung unter Kontrolle der Beschäftigten der einzige gangbare Ausweg. Das ist es, was ArbeiterInnenbewegung und Gewerkschaften fordern und durchsetzen müssen.
Schließlich verfügt nur der Staat über jene Mittel, die erforderlich sind, um die notwendigen Investitionen zu tätigen, ordentliche Arbeitsbedingungen zu garantieren und allfällige Verluste aus den Gewinnen anderer öffentlicher Unternehmen zu kompensieren. Aber dem bürgerlichen Staat kann auch dabei nicht vertraut werden, agiert dieser doch im Interesse der KapitalbesitzerInnen – ein guter Grund für die erforderliche Kontrolle aller Aktivitäten des betroffenen Betriebes durch die Beschäftigten selbst.
Gleichzeitig werden teilweise Verstaatlichungen nichts am grundsätzlichen Chaos der sog. Marktwirtschaft ändern können, da diese weiterhin mehrheitlich unter Kontrolle konkurrierender Kapitale steht. Die einzige gangbare Alternative für uns Lohnabhängige besteht daher in der Überführung der wesentlichen Branchen in Staatseigentum und deren Integration in einen gesamtgesellschaftlichen Plan, der demokratisch im Sinne der Mehrzahl der Bevölkerung gestaltet ist und für diese produziert statt für den Profit.

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