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Freitag, 21. Dezember 2012

QuerHerumBetrachtet: Wieder ein (Ex-)Spitzensozialdemokrat wird Kapitalist

Still ist es geworden um den Gusi in den letzten Jahren. Hatte er zuvor noch mit diversen hochbezahlten Aufsichtsratsmandaten und Gastprofessuren in den USA für Schlagzeilen gesorgt, folgt nun nach einer Zeit der medialen Nichtpräsenz der Paukenschlag.

Am 20.12.2012 wurde bekannt, dass er die Seiten wechselt und vom einstmals innerhalb der Strukturen der bürgerlichen Demokratie höchsten Repräsentanten der ArbeiterInnenbewegung in Österreich zum Unternehmer, altmodisch gesprochen also zum Kapitalisten, wird. Zuvor war die traditionsreiche Waldviertler Textilfirma Backhausen in den Zwangskonkurs geschickt worden, da der größte Gläubiger Hypo Niederösterreich die Kredite nicht verlängerte.
Mit genanntem Datum wurde Backhausen zu 100% von der BHN Sileo GmbH übernommen. Diese gehört wiederum zur Hypo-Niederösterreich-Tochter Strategic Equity Beteiligungs-GmbH und mehrheitlich – nämlich zu 51 Prozent – der Cudos Wenti BeteiligungsgmbH rund um Gusi.
Dass damit einmal mehr die uns oft vorgebetete Trennung von gutem produktivem Kapital und bösem Finanzkapital ad absurdum geführt wird, liegt auf der Hand. Schon seit über 100 Jahren beteiligen sich diese beiden Bereiche wechselseitig aneinander und eine echte Trennung gibt es schon lange nicht mehr.
Dass aber ein ehemaliger Parteivorsitzender der SPÖ nicht nur zum Spitzenmanager (wie z.B. Viktor Klima) wird, ist doch etwas unüblich. Zwar waren andere ehemalige SpitzenrepräsentantInnen der Partei schon oft nicht ganz klar mit ihrem Rollenverständnis (Gitti Ederer als Vorstandsmitglied bei Siemens oder Hannes Androsch als Großunternehmer sind da nur die Spitze des Eisberges), aber ein ehemaliger Vorsitzender sollte doch wissen, dass es nicht möglich ist, ein Unternehmen zu besitzen, ohne auch die Seiten zu wechseln. Unser ehemaliger Kanzler steht nun also offensichtlich auf Seiten des Kapitals und ist Teil davon.
Dass bei der Firmenübernahme gleich bis zu 40 KollegInnen (bis zu 20 in der Produktion in Hoheneich und die 20 im Backhausen-Geschäft in Wien) ihren Arbeitsplatz verlieren, ist nicht mehr als die Konsequenz der betriebswirtschaftlichen, sprich kapitalistischen, Denklogik. Schließlich geht es UnternehmerInnen um Gewinn, sprich Profit, und nicht um Menschen.
Auch als Bundeskanzler hatte der Gusi keine Berührungsängste mit dem Kapital und nicht selten dessen Interessen politisch durchgesetzt. Das konkrete Beispiel zeigt aber sehr deutlich, dass bei manchen SpitzensozialdemokratInnen das politische Bewusstsein vollkommen fehlt, dass die Bedürfnisse von Lohnabhängigen und Kapital absolut unvereinbar sind.
Wir alle müssen uns entscheiden, auf welcher Seite wir stehen. Die meisten von uns haben dabei aber gar keine Wahl, weil sie arbeiten müssen, um leben zu können. Jene aber, die ohnedies gut verdienen und ein relativ sorgenfreies Leben führen und dann noch auf Grund ihrer Verdienste für das Kapital (nicht selten durch die Sozialdemokratie) die Möglichkeit bekommen, selbst zum Teil dieser Klasse zu werden, haben die Wahl. Und nicht ganz selten treffen sie die falsche!
Solange das für viele denkmöglich ist, müssen wir daran arbeiten, dass es in der ArbeiterInnenbewegung wieder allen klar wird, dass es nicht möglich ist, auf zwei Seiten zu stehen. Entweder – oder! Für uns oder gegen uns arbeitende Menschen!

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