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Mittwoch, 1. November 2017

Wie gegen Privatisierung und Ausgliederung kämpfen?

Auch wenn der folgende – minimal aktualisierte – Text gegen Ende der Regierung Schüssel verfasst wurde (weswegen z.B. Orange als politische Farbe vorkommt), ist dieser doch noch immer aktuell, v.a. da sich die Angriffe von SchwarzBlau 2 kaum von jenen von SchwarzBlau 1 unterscheiden werden – außer, dass sie noch viel schärfer ausfallen werden.

Die Analyse gesellschaftlicher Veränderungen, die Auswirkungen auf die Lohnabhängigen haben, ist von enormer Bedeutung. Aber gerade wenn es sich dabei um Angriffe auf ihre Arbeitsbedingungen handelt, muss eine Einheit von Theorie und Praxis hergestellt werden.

In der Tradition der ArbeiterInnenbewegung werden solche Vorschläge in der Regel in Form von sogenannten Aktionsprogrammen zusammengefasst. Diese können sich auf internationale Entwicklungen, ein Land, eine Branche, einen bestimmten Kampf oder auch eine konkrete Situation beziehen.

Im folgenden stelle ich erste Ansätze für ein Aktionsprogramm gegen Privatisierung und Ausgliederung sowie für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen aller betroffenen Beschäftigten dar, insbesondere aber für den Sozial- und Gesundheitsbereich, da diese Branche als einzige in Österreich im letzten Jahrzehnt massive Zuwächse bei der Anzahl der Beschäftigten zu verzeichnen hatte. Sie wird damit strategisch von immer größerer Bedeutung für die Kämpfe der gesamten ArbeiterInnenklasse – nicht nur wegen ihrer zahlenmäßigen Stärke, sondern auch und gerade deswegen, weil das Kapital hier neue Profitmöglichkeiten ausbeuten will, was sich an der fortschreitenden Privatisierung von Angeboten etwa im Bereich Pflege oder Flüchtlingshilfe zeigt. Gleichzeitig würde jedes Land nahezu mit einem Schlag stillstehen, wenn im Sozial- und Gesundheitsbereich nicht mehr gearbeitet werden würde.

Die Achillesferse des Kapitals ist sein unstillbares Profitstreben; dieses ist der einzige Punkt, wo wir Lohnabhängigen es wirklich treffen können. Nur wenn das Kapital dort getroffen wird, wo es wirklich schmerzt, im Geldbeutel bzw. auf den Konten, also in letzter Konsequenz beim Profit, können wir arbeitenden Menschen unsere Wünsche nach Verbesserungen durchsetzen oder aber auch nur Verschlechterungen verhindern. Und dazu sind noch immer die traditionellen Methoden des Arbeitskampfes am besten geeignet: Betriebsversammlungen, betriebliche Maßnahmen wie Überstundenboykotts und andere, Solidaritätsaktionen mit den Beschäftigten anderer Firmen bzw. Branchen und natürlich der Streik.

Und das verweist auch schon auf ein weiteres Kernelement von Aktionsprogrammen. Diese sind nicht einfach Forderungskataloge, sondern Forderungen verbunden – dort wo erforderlich – mit den Methoden und Aktionsformen ihrer Umsetzung. Im Zentrum dieser Umsetzung steht immer wieder die Kontrolle der Beschäftigten selbst über ihre Arbeits- und Lebensbedingungen; denn nur wenn diese in allen Bereichen zur Realität geworden ist, werden unser Lebensinteressen auf Dauer abgesichert sein können.

Und damit kommen wir zum letzten Element von Aktionsprogrammen. Diese verbinden ein Stück weit immer das heute (der konkrete Kampf um den es jeweils geht) mit dem morgen (einer Welt frei von Unterdrückung und Ausbeutung).

Privatisierung und Ausgliederung stoppen!


Wie ich in anderen Texten dargestellt habe (z.B. hier), gibt es viele Gründe um Privatisierungen und Ausgliederungen rundweg abzulehnen, aber keinen einzigen, der dafür spricht. Diese Feststellung deckt sich auch mit der alltäglichen Realität der betroffenen Beschäftigten. Ihr Erleben und ihre objektive Lebenssituation beweisen viel eindrücklicher als tausend Worte, dass Privatisierungen und Ausgliederungen immer auf dem Rücken der Beschäftigten und NutzerInnen ihrer Leistungen ausgetragen werden. Sie bezahlen mit verschlechterten Arbeits- und Lebensbedingungen den Preis dafür, dass andere noch fettere Profite einstreifen können. Dem gilt es Einhalt zu gebieten!
  • Kein Privatisierungen – keine Ausgliederungen!
  • Durchführung aller (ehemals) öffentlichen Leistungen durch den Staat selbst – finanziert aus stark progressiven Steuern auf Besitz und Gewinn!
  • Weg mit den privaten Kultur-, Bildungs-, Verkehrs-, Sozial- und Gesundheitsbetrieben!
  • Wiederverstaatlichung aller privatisierten Unternehmen ohne Entschädigung für die EigentümerInnen!
  • Rückführung aller ausgegliederten Betriebe in die öffentliche Verwaltung inklusive der Übernahme der dort privatrechtlich angestellten KollegInnen in den öffentlichen Dienst!
  • Entschädigungslose Verstaatlichung aller Konzerne, Banken und sonstigen Finanzinstitutionen sowie der Infrastrukturbetriebe, insbes. der Verkehrsunternehmen!

Die Betriebe denen, die sie brauchen und die in diesen arbeiten!


Wir leben in einer Welt des Profits. Menschen zählen dabei überhaupt nicht. Nichts! Ihre einzige Funktion ist es, noch mehr Geld für jene zu schaffen, die ohnedies schon viel zu viel haben. Das muss sich ändern!

Schon immer ist es so gewesen, dass die ArbeiterInnen alles geschaffen haben, was produziert und sonst wie geleistet wird. Die ChefInnen, BesitzerInnen und ManagerInnen leisten dazu überhaupt keinen Beitrag. Sie schaffen keine Werte. Sie sorgen nur dafür, dass uns ein Teil von den Werten, die wir geschaffen haben, aus den Taschen gezogen wird und auf die Konten der AnteilseignerInnen, die nichts dazu beitragen, fließt.

Gleichzeitig produziert die Wirtschaft nicht für die Bedürfnisse der Menschen, sondern für die Interessen des Kapitals, wie unter anderem die Diskussion über Patentrechte für lebensrettende Medikamente eindeutig beweist. Ob für mehr Profit Tische oder Sozialleistungen produziert werden, ist den KapitalistInnen egal.

Wir aber brauchen eine Welt, in der international geplant für die Bedürfnisse der Menschen produziert wird! In vielen Bereichen ist es daher erforderlich, dass nicht nur die Beschäftigten, sondern auch jene, die die Produkte bzw. Leistungen brauchen und nutzen, darüber mitentscheiden, was wie produziert wird.

In anderen Ländern ist die Entwicklung zur Sicherung der Arbeitsbedingungen und Arbeitsplätze der Lohnabhängigen schon viel weiter fortgeschritten. Sie haben auf die Angriffe des Kapitals reagiert und zum Beispiel Firmenschließungen nicht kampflos hingenommen. Wir können hier viel von den Beispielen der besetzten Betriebe in Argentinien, Brasilien oder auch Venezuela lernen.
  • Durchführung öffentlicher Sozial-, Gesundheits-, Kultur-, Bildungs- und Infrastrukturaufgaben durch die öffentliche Hand unter Kontrolle der LeistungsbezieherInnen bzw. -nutzerInnen und Beschäftigten sowie von VertreterInnen der ArbeiterInnenbewegung!
  • Kontrolle der Beschäftigten über alle sonstigen wirtschaftlichen Tätigkeiten!
  • Öffnung der Bücher und anderen Firmenunterlagen für die Beschäftigten und SpezialistInnen ihres Vertrauens, so dass festgestellt werden kann, ob die betriebswirtschaftlichen Argumente für Privatisierungen und Ausgliederungen zutreffen!
  • Bei der Drohung von Firmenschließungen bzw. -verlagerungen oder auch Arbeitskräfteabbau: Besetzung der Betriebe und Fortführung der Produktion unter der demokratischen Kontrolle der Beschäftigten mit dem Ziel der entschädigungslosen Verstaatlichung der betroffenen Unternehmen unter ArbeiterInnenkontrolle!
  • Kontrolle und Festlegung der Preise durch Komitees von KonsumentInnen und Beschäftigten sowie VertreterInnen der Gewerkschaften!
  • Kontrolle und Festlegung der Löhne durch Komitees von Beschäftigten und der Gewerkschaften!

Gute Leistung braucht gute Arbeitsbedingungen!


Oft wird gerade seitens der öffentlichen Hand argumentiert, dass die veralteten Abläufe der staatlichen Verwaltung moderne und gute Leistungen nicht zulassen. Dieses Argument wird von der Wirtschaft dafür benutzt, um Outsourcing zu rechtfertigen bzw. einzufordern. Selbstverständlich gibt es auch bei der öffentlichen Hand Verbesserungspotentiale. Erstaunlich in diesem Zusammenhang ist aber, dass jene Verbesserungsvorschläge, die von denen kommen, die wirklich arbeiten und es daher am besten wissen – den Beschäftigten, in der Regel keine Berücksichtigung finden. Hingegen werden die Vorschläge des Spitzenmanagements und v.a. von externen Beratungsfirmen, die sich damit eine goldene Nase verdienen, obwohl sie immer und immer wieder die gleichen Scheinrezepte verschreiben, immer sehr schnell umgesetzt.

Noch erstaunlicher aber ist, dass diese Vorschläge im Regelfall mit der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten und der Verschlechterung der Lebensbedingungen der gesamten ArbeiterInnenklasse einhergehen. In Anbetracht der Erfordernisse des aktuellen Kapitalismus darf uns dies aber nicht weiter verwundern.

Tatsache ist aber, dass in der modernen Produktionswelt, insbesondere auch in jenen Bereichen, wo direkt mit Menschen gearbeitet wird (Soziales, Gesundheit, Bildung, Kultur, Verkehr, Telekommunikation usw.) die Qualität der Leistungen von der Qualität der Arbeitsbedingungen abhängt. Wir Lohnabhängigen wollen gute Leistungen erbringen – für uns selbst und andere. Doch dazu braucht es die entsprechenden Arbeitsbedingungen!
  • Aufteilung der Arbeit auf Alle! Alle, die arbeiten können und wollen, sollen gleich viel arbeiten! Kontrolle und Festlegung der Höchstarbeitszeit und deren Anpassung an die tatsächlichen Erfordernisse durch die Beschäftigten und die Gewerkschaften!
  • Einführung der 30-Stunden- und 4-Tage-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich als erster Schritt!
  • Mindestlohn von € 1.700,-- netto für alle! Kontinuierliche Anpassung der Löhne an die Inflation unter Kontrolle der Gewerkschaften!

Kontrolle der Basis über Betriebsrat und Gewerkschaft!


Oft machen wir Lohnabhängigen die Erfahrung, dass unsere VertreterInnen in Betriebsrat und Gewerkschaft unsere Interessen für ihre Pöstchen und Privilegien verkaufen. Die Erfahrungen der ArbeiterInnenbewegung seit über 150 Jahren zeigen, dass dies durch eine Reihe von Maßnahmen verhindert werden kann. Diese Maßnahmen müssen daher in allen Gewerkschaften und Betriebsratskörperschaften umgesetzt werden!
  • Rechenschaftspflicht gegenüber der und jederzeitige Abwählbarkeit der BetriebsrätInnen durch die Belegschaft!
  • Verkürzung der Wahlperiode für den Betriebsrat auf ein Jahr!
  • Vorwahlen in der Belegschaft, die darüber bestimmen, wer auf welchem Platz auf gemeinsamen Einheitslisten kandidieren soll!
  • Weg mit dem Erfordernis der Unterstützungserklärungen für kandidierende Listen!
  • Wahl und jederzeitige Abwählbarkeit aller GewerkschaftsfunktionärInnen!
  • Niemand in der ArbeiterInnenbewegung darf mehr verdienen als der Durchschnitt jener, die von ihm/ihr vertreten werden!
  • Basisabstimmungen über Inhalt, Ziel, Form, Anfang und Ende von Arbeitskämpfen!

Für eine Regierung der Lohnabhängigen!


Unsere Interessen können aber auf Dauer nicht in einem Betrieb oder auch nur einer Branche gesichert werden. Betriebliche und gewerkschaftliche Arbeit müssen sich daher auch zu anderen gesellschaftspolitischen Themen engagieren. Die Regierung Schüssel hat unsere Sozialstandards enorm verschlechtert, aber auch erste Angriffe auf die Vertretungsrechte der Lohnabhängigen gestartet. Die kommende Regierung Kurz wird noch weit schlimmer sein! Dem müssen wir etwas entgegensetzen! Nur echte gesamtgesellschaftliche Veränderungen können unsere Situation auf Dauer verbessern. Heute können wir einen Anfang dazu setzen!
  • Weg mit SchwarzBlau(Orange)!
  • Sofortige Rücknahme aller erfolgreichen Angriffe dieser Regierung des Kapitals auf unsere Interessen als ArbeiterInnenklasse!
  • Für eine Regierung der Lohnabhängigen! Heute kann das in Österreich nur eines heißen: SPÖ-Alleinregierung unter Kontrolle der mobilisierten ArbeiterInnenbewegung!

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