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Samstag, 29. Februar 2020

Höchste Zeit für die 35 Stunden-Woche

In den letzten Tagen kursieren zahlreich Gerüchte, dass sich die Poltitik im Gegensatz zu den Usancen bei Kollektivvvertragsverhandlungen massiv in jene für die Sozialwirtschaft einmischt. Grund genug, ein paar Zeilen darüber zu verfassen, was an diesen Gerüchten dran ist und wessen Interessen dabei bedient werden.

Seit Tagen kursiert hartnäckig das Gerücht, dass sich die ÖVP massiv in die Kollektivvertragsverhandlungen der Sozialwirtschaft einmischt. Nachgelesen werden kann dieses etwa im Falter (Ausgabe 7/2020). Dort heißt es auf Seite 20: „Dass sich der ÖVP-Klubobmann August Wöginger persönlich eingeschaltet haben soll, um ein Ja der Arbeitgeber zur 35-Stunden-Woche zu verhindern, stimme nicht, sagt Marschitz. Es habe lediglich ein Gespräch zwischen ihm und Wöginger gegeben, in dem ihn der ÖVP-Klubobmann darauf hingewiesen habe, dass die Einführung der 35-Stunden-Woche die Finanzplanungen der Landeshauptleute (bis auf drei alle von der ÖVP) durcheinanderbrächte, so Marschitz.“

Ein Dementi sieht jedenfalls anders aus! V.a. wenn wir den Hintergrund des Geschäftsführers der SWÖ ausleuchten. Dieser war von 1989 bis 1991 Vorsitzender der ÖH für die schwarze Aktionsgemeinschaft. Später arbeitete er als Büroleiter im Generalsekretariat der ÖVP, ehe er 1995 Geschäftsführer der erzkonservativen Julius Raab-Stiftung wurde und schließlich von 2001 bis 2016 Geschäftsführer des Hilfswerks Österreich war. Offensichtlich ist also, dass Marschitz ein zutiefst in der Wolle gefärbter Schwarzer ist. Ebenso offensichtlich ist, dass er das Leben von arbeitenden Menschen nie kennengelernt hat. Schließlich war er immer Chef.

Noch pikanter ist hingegen die Lebensgeschichte seines Gegenübers. Wöginger war bis vor wenigen Jahren Betriebsrat beim Roten Kreuz und Gewerkschaftsfunktionär. Er ist das klassische Beispiel dafür, wie sehr das Sein das Bewusstsein bestimmt. Als Klubobmann der ÖVP im Nationalrat hat er unzählige Male bewiesen, dass ihm die Interessen des Kapitals als Richtschnur dienen, jene von arbeitenden Menschen hingegen vollkommen egal sind.

Während in den ersten 30 Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg die Arbeitszeit von 48 auf 40 Stunden verkürzt wurde, herrscht seither auf gesetzlicher Ebene tote Hose. Gleichzeitig leisten wir Lohnabhängigen infolge des technologischen Fortschritts heute in der gleichen Zeit viel mehr. Wir haben uns die 30-Stunden-Woche schon längst verdient. Verdient im wahrsten Sinne des Wortes – mit den Profiten, die wir jedes Jahr für die Betriebe erschuften.

Auch und gerade im besonders belastenden Sozial- und Gesundheitsbereich. Offensichtlich ist, dass Wöginger für seine Freunderln bei der Industriellenvereinigung und in der Wirtschaftskammer interveniert hat. Die 35-Stunden-Woche in der Sozialwirtschaft, bei der Diakonie und der Caritas wäre trotz der fake news der Geschäftsführungen über fehlendes Personal locker umsetzbar. Sie würde deutlich weniger kosten, als die von der Regierung geplante Senkung der Körperschaftssteuer für die Konzerne.

Tatsächlich haben die Damen und Herren in den Vorstandsetagen Angst davor, dass eine von uns erreichte 35-Stunden-Woche NachahmerInnen finden könnte. Sie machen sich in die Hose, wenn sie daran denken, dass nächstes Jahr bei zahlreichen Kollektivvertragsverhandlungen ebenfalls die Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung erhoben werden könnte. Als Gewerkschafter würde mich das unheimlich freuen.

Die Kollektivvertragsverhandlungen in der Sozialwirtschaft zeigen heuer sehr klar, um was es wirklich geht: Nicht um die besseren Argumente, die Machbarkeit oder die Finanzierbarkeit, sondern um Ideologie, die bessere Ausbeutbarkeit der Arbeitskraft und den seit SchwarzBlau 2 tobenden Klassenkampf von oben. Es geht also um eine Machtfrage.

Wir arbeitenden Menschen haben im Wesentlichen drei Möglichkeiten, wie wir uns durchsetzen können: 1. Anzahl der Gewerkschaftsmitglieder, 2. Aktionen wie z.B. Demonstrationen und 3. Kampfmaßnahmen wie Streiks. Gerade haben wir zum dritten Mal in drei Jahren gestreikt. Das zeigt, dass wir Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialbereich gerade dabei sind, unsere eigene Macht kennenzulernen. Spielen wir diese aus!

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