In den letzten Tagen kursieren zahlreich Gerüchte, dass sich die Poltitik im Gegensatz zu den Usancen bei Kollektivvvertragsverhandlungen massiv in jene für die Sozialwirtschaft einmischt. Grund genug, ein paar Zeilen darüber zu verfassen, was an diesen Gerüchten dran ist und wessen Interessen dabei bedient werden.
Seit Tagen kursiert hartnäckig das
Gerücht, dass sich die ÖVP massiv in die Kollektivvertragsverhandlungen der Sozialwirtschaft einmischt.
Nachgelesen werden kann dieses etwa im Falter (Ausgabe 7/2020). Dort
heißt es auf Seite 20: „Dass sich der ÖVP-Klubobmann August
Wöginger persönlich eingeschaltet haben soll, um ein Ja der
Arbeitgeber zur 35-Stunden-Woche zu verhindern, stimme nicht, sagt
Marschitz. Es habe lediglich ein Gespräch zwischen ihm und Wöginger
gegeben, in dem ihn der ÖVP-Klubobmann darauf hingewiesen habe, dass
die Einführung der 35-Stunden-Woche die Finanzplanungen der
Landeshauptleute (bis auf drei alle von der ÖVP)
durcheinanderbrächte, so Marschitz.“
Ein Dementi sieht jedenfalls anders
aus! V.a. wenn wir den Hintergrund des Geschäftsführers der SWÖ
ausleuchten. Dieser war von 1989 bis 1991 Vorsitzender der ÖH für
die schwarze Aktionsgemeinschaft. Später arbeitete er als Büroleiter
im Generalsekretariat der ÖVP, ehe er 1995 Geschäftsführer der
erzkonservativen Julius Raab-Stiftung wurde und schließlich von 2001
bis 2016 Geschäftsführer des Hilfswerks Österreich war.
Offensichtlich ist also, dass Marschitz ein zutiefst in der Wolle
gefärbter Schwarzer ist. Ebenso offensichtlich ist, dass er das
Leben von arbeitenden Menschen nie kennengelernt hat. Schließlich
war er immer Chef.
Noch pikanter ist hingegen die
Lebensgeschichte seines Gegenübers. Wöginger war bis vor wenigen
Jahren Betriebsrat beim Roten Kreuz und Gewerkschaftsfunktionär. Er
ist das klassische Beispiel dafür, wie sehr das Sein das Bewusstsein
bestimmt. Als Klubobmann der ÖVP im Nationalrat hat er unzählige
Male bewiesen, dass ihm die Interessen des Kapitals als Richtschnur
dienen, jene von arbeitenden Menschen hingegen vollkommen egal sind.
Während in den ersten 30 Jahren nach
dem Zweiten Weltkrieg die Arbeitszeit von 48 auf 40 Stunden verkürzt
wurde, herrscht seither auf gesetzlicher Ebene tote Hose.
Gleichzeitig leisten wir Lohnabhängigen infolge des technologischen
Fortschritts heute in der gleichen Zeit viel mehr. Wir haben uns die
30-Stunden-Woche schon längst verdient. Verdient im wahrsten Sinne
des Wortes – mit den Profiten, die wir jedes Jahr für die Betriebe
erschuften.
Auch und gerade im besonders
belastenden Sozial- und Gesundheitsbereich. Offensichtlich ist, dass
Wöginger für seine Freunderln bei der Industriellenvereinigung und
in der Wirtschaftskammer interveniert hat. Die 35-Stunden-Woche in
der Sozialwirtschaft, bei der Diakonie und der Caritas wäre trotz
der fake news der Geschäftsführungen über fehlendes Personal
locker umsetzbar. Sie würde deutlich weniger kosten, als die von der
Regierung geplante Senkung der Körperschaftssteuer für die
Konzerne.
Tatsächlich haben die Damen und Herren
in den Vorstandsetagen Angst davor, dass eine von uns erreichte
35-Stunden-Woche NachahmerInnen finden könnte. Sie machen sich in
die Hose, wenn sie daran denken, dass nächstes Jahr bei zahlreichen
Kollektivvertragsverhandlungen ebenfalls die Forderung nach einer
Arbeitszeitverkürzung erhoben werden könnte. Als Gewerkschafter
würde mich das unheimlich freuen.
Die Kollektivvertragsverhandlungen in
der Sozialwirtschaft zeigen heuer sehr klar, um was es wirklich geht:
Nicht um die besseren Argumente, die Machbarkeit oder die
Finanzierbarkeit, sondern um Ideologie, die bessere Ausbeutbarkeit
der Arbeitskraft und den seit SchwarzBlau 2 tobenden Klassenkampf von
oben. Es geht also um eine Machtfrage.
Wir arbeitenden Menschen haben im
Wesentlichen drei Möglichkeiten, wie wir uns durchsetzen können: 1.
Anzahl der Gewerkschaftsmitglieder, 2. Aktionen wie z.B.
Demonstrationen und 3. Kampfmaßnahmen wie Streiks. Gerade haben wir
zum dritten Mal in drei Jahren gestreikt. Das zeigt, dass wir
Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialbereich gerade dabei sind,
unsere eigene Macht kennenzulernen. Spielen wir diese aus!
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