Die Panik vor dem Absturz ihre Systems führt die Herrschenden in Europa wieder einmal dazu, zu einem ihrer letzten Rettungsringe Zuflucht zu nehmen. Sie fordern überall die Privatisierung der letzten Reste öffentlichen Eigentums, zuletzt auch in Österreich der ÖBB. In Spanien z.B. soll die öffentliche Lotterie verschachert werden – deren Marktwert soll bei rund sieben Milliarden Euro liegen. Ziemlich unlogisch, wenn wir bedenken, dass der Staat jedes Jahr drei Milliarden an Einnahmen verliert, wenn er die Lotterien nicht mehr besitzt – in nicht einmal drei Jahren würde so aus einem guten Geschäft ein satter Verlust. Aber natürlich nicht für die neuen privaten BesitzerInnen, die den Staat – und damit uns alle – dann wieder einmal erfolgreich geplündert hätten ...
Das Hauptziel heute ist aber Griechenland, wo seitens der EU vorerst einmal Privatisierungen im Wert von rund 50 Milliarden Euro gefordert werden. Das wird aber sicherlich nicht das Ende der Geschichte sein. Der Wert des öffentlichen Eigentums in Griechenland wird auf ca. 250 Milliarden Euro geschätzt; das entspricht ziemlich genau den Schulden, die das Land derzeit hat. In diesem Zusammenhang taucht, da die Herrschenden Europas offenbar der griechischen Regierung nicht vertrauen, auch schon die Forderung auf, eine externe Agentur mit der Privatisierung zu beauftragen. Diese Forderung hat selbstverständlich massiven Unmut erregt. Stellen wir uns doch nur einmal kurz vor, die EU würde von Österreich fordern, dass sie das Schloss Schönbrunn, das Happel-Stadion oder eben die ÖBB in unserem Namen verkaufen darf.
Die GriechInnen haben es satt. Die drastischen Budgetkürzungen haben ohnedies schon zu einer massiven Senkung des Lebensstandards geführt. In der Folge wurde die politische Lage immer instabiler. Der Ausdruck dafür ist – wie in vielen anderen Ländern – der zentrale Platz in der Hauptstadt Athen – der Syntagma-Platz. Hier versammeln sich täglich Tausende. Das ein oder andere Mal haben sie ihrem Unmut schon durch lautes Schlagen auf Töpfe Ausdruck verliehen. Erinnern wir uns an das Jahr 2001, als in Argentinien innerhalb weniger Wochen genau dadurch (auf Spanisch Cazerolaza genannt) drei Präsidenten aus dem Amt gejagt wurden. In Europa schien das bis vor Kurzem unvorstellbar, doch manchmal ändert sich die Geschichte unheimlich schnell.
In Griechenland sind die Massen auf die korrupten PolitikerInnen wütend, auf die BankmanagerInnen, die die Krise ausgelöst haben, und dafür mit Milliarden aus unseren Steuergeldern belohnt wurden, und auf die EU. Letztlich richtet sicht ihre Wut damit auf das gesamte Wirtschaftssystem des Kapitalismus und seine politische Kaste. Ihr Wut ist Ausdruck der verallgemeinerten Unzufriedenheit mit allen politischen Parteien, weil diese bürokratischen Apparate schon lange damit aufgehört haben, die Ideen und Wünsche der Massen zu vertreten.
Die Wut der Massen richtet sich aber auch gegen die Gewerkschaften, die bereits mehrer eintägige Generalstreiks gegen die Sparprogramme durchgeführt haben. Die AktivistInnen der Bewegung wissen, dass das nicht reicht, dass ein solcher Streik zwar eine Demonstration der Macht ist, die den Massen ihre kollektive Kraft vor Augen führt, dass ein solcher Streik aber nicht reicht, um die Krise des griechischen Kapitalismus zu Gunsten ihrer Interessen zu lösen. Sie haben längst erkannt, dass die Gewerkschaften solche Streiks jedes Mal als Sicherheitsventil verwenden, bevor sie wieder einen dreckigen Deal mit der Regierung unterzeichnen.
Ein guter Ansatz sind die Streiks in den von Privatisierung bedrohten Unternehmen. Doch diese müssen verallgemeinert werden. Eine Versammlung auf dem Syntagma Platz, hat daher die Forderungen nach einem landesweiten Generalstreik erhoben. Ziele eins solchen sollen unter anderem die Aufteilung der Arbeit zur Verringerung der Arbeitslosigkeit (selbstverständlich ohne Lohnverlust!) oder auch die entschädigungslose Verstaatlichung leerstehender Wohnungen zur Lösung der Krise auf dem Mietmarkt sein. Ein solcher Generalstreik würde die Frage stellen, wer im Land herrscht: Die Lohnabhängigen oder das Kapital? Erfolgreich sein kann ein solcher Streik aber nur – und das beweisen zahlreiche Beispiele aus der Geschichte, wenn dieser von den Massen selbst geführt wird. Dazu müssten Delegierte gewählt werden, die das weitere Vorgehen auf einer landesweiten Konferenz festlegen. Eine solche wäre um ein Vielfaches repräsentativer als die aktuelle griechische Regierung.
Letztlich lassen sich die Probleme der breiten Masse der griechischen Bevölkerung unter der Diktatur des Kapitals aber nicht lösen. Diese wird die arbeitenden Menschen, die Jugend und PensionistInnen nur noch weiter auspressen. Aber es gibt Hoffnung. Die parallel verlaufende Bewegung in Spanien zeigt, dass sich auch in Europa endlich was tut. In anderen Ländern Europas wird es in nächster Zeit zu vergleichbaren Bewegungen kommen. Und damit steht eine Zukunft ohne Kapitalismus endlich auch in Europa wieder an der Tagesordnung. Es liegt nur an uns selbst, eine solche zu erringen.
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