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Dienstag, 11. November 2025

Mamdani Tsunami erschüttert das politische Establishment

In New York und weiten Teilen der Welt wurde die Wahl von Zohran Mamdani zum Bürgermeister der Stadt zurecht gefeiert. Er ist der erste Muslim, der erste Südasiate und der erste bekennende Sozialist, der dieses Amt bekleiden wird. Er gewann mit einer absoluten Mehrheit von 50,4% der Stimmen in einer Wahl mit der höchsten Wahlbeteiligung seit 1969.
Mamdani auf der Resist Fascism Versammlung in Bryant Park, Oktober 2024.
Foto: Bingjiefu He/Wikimedia Commons

Die Wahl erlangte während der Vorwahlen der Demokratischen Partei, bei denen Mamdani den Kandidaten des Parteiapparats, Andrew Cuomo, erfolgreich besiegte, eine Bedeutung, die weit über New York hinausgeht. Sein zweiter Sieg über Cuomo wurde von arbeitenden Menschen auf der ganzen Welt gefeiert.

Obwohl Mamdani in den Umfragen schon länger in Führung lag, lässt sich das wahre Ausmaß dieses Wahlausgangs erst anhand der enormen Ressourcen messen, die gegen ihn eingesetzt wurden. Milliardär*innen spendeten sowohl während den Vorwahlen als auch bei der Bürgermeister*innenwahl Dutzende Milliarden Dollar, um Andrew Cuomo ins Amt zu hieven. Die durchschnittliche Spende für Cuomos Wahlkampf betrug fast 600 Dollar. Die für Mamdani 98. Cuomo wurde von hochrangigen Demokrat*innen und Republikaner*innen, darunter Trump, was besonders viel über diesen Kandidaten sagt, unterstützt und hatte die Rückendeckung der meisten bürgerlichen Massenmedien, insbesondere der New York Post.

Aus Mamdanis Sieg lassen sich Lehren für für jene ziehen, die Sozialdemokratie als politisches Konzept noch ernst nehmen. Mamdani ist ein talentierter Redner, der seine Botschaft in jeder Debatte und bei jedem Auftritt gekonnt vermittelt hat. Er und sein Team führten eine außergewöhnliche Social-Media-Kampagne, die dazu beigetragen hat, so viele Menschen von ihm zu überzeugen. Noch wichtiger war jedoch die Politik, für die er steht! Bereits jetzt versuchen Politiker*innen nicht nur in den USA, sondern in weiten Teilen der Welt, Mamdanis Videos und seine Art zu sprechen, nachzuahmen und auf TikTok-Trends aufzuspringen. Damit ignorieren sie jedoch völlig den zentralen Punkt, der seine Kampagne so effektiv gemacht hat.

Mamdani führte nämlich einen Wahlkampf, der sich auf eine zentrale Botschaft konzentrierte: Die Krise der Lebenshaltungskosten. Er trat mit vier politischen Hauptpositionen an: Mietpreisbindung, kostenlose Busse, kostenlose Kinderbetreuung und städtische Lebensmittelgeschäfte, die durch eine höhere Besteuerung der reichsten 1% der New Yorker*innen finanziert werden sollen. Es war ein Wahlkampf, der die Klassenpolitik in den Vordergrund rückte und sich für die Arbeiter*innenklasse einsetzte.

Trotz massiver Angriffe in Form von antimuslimischem Rassismus und dem in den USA uralten Versuch, ihn als Kommunisten zu brandmarken, sowie faktenbefreiter Unterstellungen kritisierte er den Völkermord in Gaza und protestierte auf der Straße gegen Trumps Razzien gegen Migrant*innen. Eine Karikatur zeigte sogar ein rotes Flugzeug mit seinem Namen, das auf die Zwillingstürme zusteuerte. Ted Cruz bezeichnete ihn als „kommunistischen Dschihadisten” und republikanische Kongressabgeordnete haben Versuche unternommen, ihn ausweisen zu lassen.

Jetzt steht er vor enormen Herausforderungen. Milliardär*innen drohen mit Kapitalflucht, um ihn an der Umsetzung seines Programms zu hindern. Trump will die Bundesmittel für New York City kürzen und die Nationalgarde in die Stadt entsenden.

Auch die sog. Demokratische Partei wird gegen ihn ins Feld ziehen. Diese ist eine Partei des US-Kapitals, die wiederholt gezeigt hat, dass sie lieber gegen Trump verliert, als mit Sozialist*innen zu gewinnen, die die Profite des Kapitals bedrohen. Seit dem Aufstieg von Bernie Sanders vor zehn Jahren befindet sich die Partei im Krieg mit der Linken in ihren Reihen. Sie hat Sanders Versuche, Präsidentschaftskandidat zu werden, erfolgreich sabotiert und Persönlichkeiten wie Ilhan Omar und Rashida Tlaib (die ersten beiden muslimischen Frauen, die in den US-Kongress gewählt wurden und Minnesota bzw. Michigan vertreten) ins Abseits gedrängt.

Die Partei profitiert derzeit von Trumps wachsender Unbeliebtheit und gewann daher neben dem Bürgermeister*innenamt von New York City eine Reihe weiterer Wahlen. Dazu gehören die Gouverneurswahlen in New Jersey und Virginia, wo die Kandidat*innen Gemäßigte waren. Es besteht kein Zweifel, dass die Parteiführung enormen Druck auf Mamdani und andere sozialistische Kandidat*innen ausüben wird, um einen Linksruck zu verhindern. Um diesem standzuhalten, wird es mehr brauchen als die Unterstützung seiner Democratic Socialists of America, von Bernie Sanders oder Alexandria Ocasio-Cortez, die nach geschlagener Wahl sagte: „Letztendlich glaube ich nicht, dass unsere Partei ein einziges Gesicht haben muss […]. In New York City ist es eindeutig Zohran Mamdani.

Die einzige Hoffnung, dass Mamdani an seinen Prinzipien festhält und sich sowohl gegen die Trump-Regierung als auch gegen die sog. Demokratische Partei stellt, liegt bei den Massen der arbeitenden Menschen, die er begeistert hat. Mamdani konnte diese zwar für Massenwerbung und Telefonkampagnen mobilisieren, aber das führt nicht automatisch zu einer Organisation von unten unabhängig von der Demokratischen Partei, um den Kampf gegen die Massenverarmung voranzutreiben.

Doch genau solch eine Organisation ist notwendig, um Mamdanis Programm durchzusetzen und die himalayahohen, vor ihm und der US-Arbeiter*innenklasse liegenden Hindernisse zu überwinden. Gelingt es allerdings, eine solche Organisation basierend auf der Mobilisierung in den Betrieben und auf der Straße aufzubauen, könnte das nicht nur eine Trendwende für New York City sein, sondern das Ende des bürgerlichen Zweiparteiensystems in den USA einläuten.

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