Freitag, 6. Mai 2016

Der rote Bulle zeigt uns die Zunge

Zwei Tage lang hat uns Didi Mateschitz zum Narren gehalten. Zwei Tage lang hat das Hin und Her um ServusTV viele GewerkschafterInnen und BetriebsrätInnen in Rage versetzt. Eigentlich sollten wir jetzt noch wütender sein, denn er hat bekommen, was er von Anfang an wollte: Die absolute Macht in „seinem“ Betrieb, so wie es sich für einen alten Autokraten gehört.

Seien wir ehrlich zu uns selbst. Das ganze war von Anfang an eine Scharade. Um Geld ist es ihm nie gegangen. In Anbetracht laufender Verträge z.B. bei Sportübertragungen hätte ihn der Sender auch nach dessen Einstellung kaum weniger gekostet. So wie defizitäre Fußballvereine oder die Formel 1 geht es dabei einzig um Marketing. Was das kostet, ist ihm egal!

Geld ist ihm nicht wirklich wichtig. Kein Wunder! Er hat ja auch genug davon. Seien wir noch mal ehrlich zu uns selbst. Wir haben den Scheiß geglaubt, obwohl der Mann über 70 ist und über 10 Milliarden hat. Wenn er nicht ewig lebt, was eher unwahrscheinlich ist, kann er tun und lassen, was er will, und wird immer leben können wie ein König.

Aber das will er gar nicht wirklich. Wir, die wir aus Salzburg kommen, wissen, dass es in weiten Teilen kein Gag ist, dass der wirklich ohne Luxus einfach auf einem Bauernhof lebt. Zumindest die meiste Zeit. Seine teuren Auftritte im Rampenlicht der Medien sind für den kein Vergnügen, das ist harte Arbeit, Marketing eben.

Und auch wir GewerkschafterInnen sind auf einen dieser Marketinggags hereingefallen. Er hat einen auf armer Mann gemacht, mehrere unserer Spitzenfunktionäre (mit der wohltuenden Ausnahme von Wolfgang Katzian) sind zu Kreuze gekrochen und er hat sich durchgesetzt. Im Red Bull-Konzern gibt es weiterhin keinen einzigen Betriebsrat. Das ist schlimm für die Betroffenen.

Noch viel katastrophaler aber ist es für all jene Belegschaften, in denen sich mutige KollegInnen gerade darum bemühen, einen Betriebsrat zu gründen. Ihnen wurde gezeigt, dass sie von den Gewerkschaften nicht ausreichend unterstützt werden, solange einer mit genug Geld nur ausreichend an der Schraube der Erpressung dreht. Das wird vielen dieser KollegInnen Angst machen. In Zeiten der steigenden Arbeitslosigkeit ist das Risiko, sich für andere im Betrieb einzusetzen, ohnedies größer geworden. Daher brauchen diese KollegInnen die rückhaltlose und bedingungslose Unterstützung von AK, ÖGB und Fachgewerkschaften umso mehr.

Natürlich haben auch andere Patriarchen von Mateschitz gelernt, wie es geht. Die Grundsteine einer Oligarchisierung der österreichischen Arbeitswelt sind damit gelegt. Sie wissen jetzt, dass sie das Arbeitsrecht brechen können, ohne dass ihnen Widerstand entgegenweht, ohne dass ihnen etwas passiert!

Tatsächlich hätte gerade die Nicht-Schließung von ServusTV, nachdem der Verzicht auf einen Betriebsrat akkordiert war, eine noch viel schärfere Reaktion erfordert. Hier geht es nämlich nicht nur um runde 250 Arbeitsplätze, sondern um grundlegende Rechte der Lohnabhängigen.

Einmal mehr mussten wir erkennen, dass diese oft nicht einmal das Papier wert sind, auf dem sie stehen. Wir müssen sie uns immer wieder aufs Neue erkämpfen.

Am Tag nach diesem dreckigen Deal hätten eigentlich im gesamten Red Bull-Konzern Betriebsversammlungen, u.a. zur Gründung eines Betriebsrates, einberufen werden müssen. Aber auch, um Mateschitz zu zeigen, dass er nicht alles tun kann, was er will, um ihm weh zu tun, um die Produktion wenigstens für ein paar Stunden zu stoppen.

Und wir solidarischen GewerkschafterInnen außerhalb des Konzerns hätten die Betriebsstätten so lange blockieren müssen, bis er nachgibt. Hätte er wohl nicht getan. Wie schon ausgeführt, ist ihm Geld nicht wichtig, sondern nur Macht. Aber viele andere Unternehmen hätten daraus die Lehre gezogen, dass wir mit allen betroffenen KollegInnen solidarisch sind und für sie in die Schlacht ziehen. Deren Bosse hätten sich dann zwei Mal überlegt, was sie tun.

Vor allem aber hätten viele KollegInnen die Erfahrung gemacht, dass sie nicht alleine sind, dass wir, dass die Gewerkschaftsbewegung an ihrer Seite steht, wenn sie unter Druck gesetzt werden. Und das wäre für die Zukunft der Klassenauseinandersetzung in Österreich von enormer Bedeutung gewesen!

In meiner ersten Wut habe ich auf der Facebookseite von ServusTV folgenden Post veröffentlicht:
Aha, ein Betriebsrat hätte die Unabhängigkeit von Servus TV "nachhaltig beschädigt", der offene Brief gegen seine Gründung war aber sicher auch gaaaanz unabhängig ... Und wie böse: Der Betriebsrat wäre doch glatt mit Unterstützung der Gewerkschaft gegründet worden. Ja, Herr Mateschitz – das Recht auf eine Gewerkschaft gilt aufgrund der ILO-Kernarbeitsnormen weltweit und in Österreich gibt es dank der Europäischen Menschenrechtskonvention sogar noch das Recht auf politische Meinungsäußerung am Arbeitsplatz und auf Basis des Arbeitsverfassungsgesetzes gibt es ab 5 Beschäftigten im Betrieb die PFLICHT, einen Betriebsrat zu gründen! Für einen Patriarchen wie sie wohl unvorstellbar, aber so ist es nun mal! All ihr Geld steht nicht über dem Gesetz! Was für eine Frechheit! Wenn ihnen das nicht passt, nehmen sie am Besten das Rezept für ihre hochtoxische Brause und all ihr Geld und gehen auf den Mond!
Die Schlussfolgerung ist sicher politisch nicht die beste gewesen, aber trotzdem stehe ich dazu. Solche Leute sollen sich schleichen. Normalerweise wäre natürlich die Besetzung des Betriebes deutlich sinnvoller. Aber der Herr betreibt ja selbst keine Produktionsanlagen. Trotzdem wäre auch die Besetzung und Lahmlegung seiner Marketingmaschinerie ein richtiges Signal gewesen!

In Wirklichkeit hat uns dieser Fall einmal mehr gezeigt, dass es nur einen Weg gibt, solche Despoten in die Schranken zu weisen und ihr absolutes Herrschen auf Kosten von uns Beschäftigten zu verhindern. Konkret gehört Mateschitz sofort entschädigungslos enteignet und der Sender unter demokratischer Kontrolle der Beschäftigten und SeherInnen in öffentlichem Eigentum fortgeführt!

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