Donnerstag, 25. Mai 2006

QuerHerumBetrachtet: Die Wiener Sozialpolitik und ihre Wendungen - Ausgliederung aus der Ausgliederung ...

Vor etwas mehr als 5 Jahren wurde in Wien der Fonds Soziales Wien (FSW)  installiert, um die Drogenpolitik und -hilfe zu koordinieren. Im Verlauf der Jahre wurden zahlreiche weitere Sozial- und Gesundheitsagenden (Behindertenhilfe, SchuldnerInnenberatung, Wohnungslosenhilfe, Gesundheitsförderung, Hauskrankenpflege, ...) aus der öffentlichen Verwaltung in diesen ausgegliedert. Nunmehr wird das, was anfänglich der Fonds, wie ihn die WienerInnen nennen, war, bereits wieder ausgegliedert. Anlass genug, um die Frage zu stellen, ob „die da Oben“ wirklich wissen, was sie tun.

Interessant an dieser Entscheidung der für den Sozial- und Gesundheitsbereich zuständigen Stadträtin ist die Tatsache, dass noch vor wenigen Jahren der FSW genau die richtige Institution war, um die Drogenpolitik und -hilfe in Wien zu koordinieren und zu finanzieren. Ja, das Erfolgsmodell FSW war sogar prädestiniert dafür, alle anderen Ausgliederungen der Stadt Wien aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich aufzunehmen und 2004 innerhalb eines Jahres sein Budget zu verfünfzigfachen und die Belegschaft zu verzwanzigfachen.
Doch plötzlich ist alles anders und der Drogenbereich soll in einer neuen GmbH konzentriert werden, in die auch jene Einrichtungen aus dem Kuratorium Psychosoziale Dienste Wien (PSD), die in diesem Bereich tätig sind, kommen sollen. Es ist also eine doppelte Ausgliederung aus der Ausgliederung, da ja auch der PSD von der Stadt Wien gegründet wurde.
Warum das alles passiert, ist eine höchst interessante Frage, die auch uns betroffenen Beschäftigten derzeit schleierhaft ist. Nicht das wir etwas traurig sind, den FSW zu verlassen, sind doch mehr oder weniger alle Betroffenen mit den dortigen Arbeitsbedingungen mehr als unglücklich. Trotzdem stellt sich die Frage, welche politischen Überlegungen dahinter stehen; und diese Frage wird wohl erst die Geschichte klären, denn alle bisher von den bürgerlichen Massenmedien dafür kolportierten Begründungen greifen zu kurz.
Tatsächlich hat sich in den wenigen Jahren des Bestehens des FSW deutlich gezeigt, dass alle Befürchtungen von GewerkschafterInnen und BetriebsrätInnen eingetroffen sind: Die Bürokratie ist nicht einfacher, sondern bestenfalls anders geworden, die Arbeitsbedingungen und Leistungen für die Betroffenen haben sich aber eindeutig verschlechtert. Sollten das aber wirklich die Gründe für die Ausgliederung aus der Ausgliederung sein? Ich kann es nicht verhehlen: Mir fehlt der Glaube ...
Auch wenn ich als Betriebsrat und betroffener Mitarbeiter weder unglücklich über das Raus aus dem FSW noch glücklich über das Rein in eine GmbH (im Besitz des PSD) bin, stellt sich doch die Frage, was das für die betroffenen KollegInnen bedeuten wird. Die (gekündigte) Betriebsvereinbarung des PSD ist viel besser als alles, was es im FSW gibt. Dies mag Anlass zu Hoffnungen geben.
Tatsächlich haben Ausgliederungen und Privatisierungen aber noch nie zu Verbesserungen der Arbeitsbedingungen geführt. Sollte das also gerade jetzt bei einer Ausgliederung aus der Ausgliederung der Fall sein? Natürlich ist eine kleinere Belegschaft, wie jene in der neuen GmbH auch weniger durchsetzungsfähig, muss sich erst neue Vertretungsstrukturen schaffen, einen neuen Betriebsrat installieren, eine neue Betriebsvereinbarung verhandeln ... Mag sein, dass es nicht gerade finstere Nacht wird, aber die Sonne am Morgen danach ist noch lange nicht aufgegangen.
In Wirklichkeit kann derzeit nicht abgesehen werden, was diese erneute Ausgliederung für die betroffenen KollegInnen, die von den Herrschenden wieder einmal wie ein Stück Vieh herumgeschoben werden, bedeuten wird. Wachsamkeit ist jedenfalls angesagt!
In jedem Fall zeigt aber auch diese Ausgliederung aus der Ausgliederung deutlich, wie unsicher die Arbeitsverhältnisse heute geworden sind. Bosse und PolitikerInnen verschieben oder streichen Jobs mit einem Federstrich ohne mit der Wimper zu zucken, egal ob im öffentlichen Bereich oder in der Privatwirtschaft zwischen denen ohnedies die Grenzen immer mehr verschwimmen. In Anbetracht der Situation auf dem Arbeitsmarkt haben viele KollegInnen Angst davor, sich zu wehren.
Nur ein Sozial- und Gesundheitsbereich in der öffentlichen Verwaltung und unter Kontrolle der Beschäftigten und LeistungsbezieherInnen kann all dies auf Dauer verhindern. Und zahlreiche Betriebe von Lateinamerika bis Spanien zeigen deutlich, dass das längst keine Utopie mehr ist, sondern die einzige Möglichkeit, unsere Arbeits- und Lebensbedingungen als Lohnabhängige auf Dauer abzusichern!

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