Freitag, 8. Januar 2010

Weichen nach links stellen

Kanzler Faymann gibt sich optimistisch: "In Sachen Krise ist das Schlimmste vorbei." Der vermeintliche "Aufschwung" entblößt sich jedoch als wackelige Stabilisierung auf niedrigem Niveau – finanziert durch explosive Staatsverschuldung.

Vor allem in der Industrie ist ein Ende der Krise noch lange nicht in Sicht. Die Kapazitätsauslastung der Produktionsbetriebe liegt unter 80 Prozent, in der Autoindustrie sogar unter 70 Prozent. Solange diese Situation nicht massiv verbessert wird, werden Investitionen weiter ausbleiben und die Grundlagen eines Konjunkturaufschwungs fehlen. Es ist zu erwarten, dass das Produktionsniveau vom historischen Höchststand 2007/2008 erst in fünf bis zehn Jahre wieder erreicht wird.

Bürgerliche Vorbereitungen


Dabei sei "die Krise bei der Bevölkerung noch gar nicht angekommen", so Veit Sorger von der Industriellenvereinigung (IV) – eine gehörige Portion Zynismus angesichts von offiziell 380.000 Arbeitslosen. Doch was er damit meint, ist, dass Regierung und Wirtschaft endlich daran gehen müssen "strukturelle Defizite" zu beheben. Darunter werden Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst und bei den Sozial- und Gesundheitsleistungen verstanden. Zudem steht die weitere Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse auf dem Wunschzettel ganz oben.
Die SPÖ-Spitze ist nicht bereit, diesem Verlangen ein prinzipiell anderes Konzept entgegenzuhalten. So steht ein neuerlicher Angriff auf die LehrerInnen ganz oben auf der Tagesordnung von Faymann & Co. Jeder Rückbau des Sozialstaates wird die Widersprüche in der Sozialdemokratie, v.a. zwischen Parteiführung und FSG, aber zuspitzen. Angesichts dreier für das Überleben von Faymann lebenswichtiger Landtagswahlen (Burgenland, Steiermark und nicht zuletzt Wien) scheint der absolute Stillstand einer schon bisher flügellahmen Koalition sehr wahrscheinlich. In Anbetracht der Explosion der Staatsverschuldung auf über 80 Prozent des BIP – die jährliche (!) Einsparungen von 12 Mrd. Euro erzwingt, um bis 2022 wieder unter die Maastrichtgrenze von 60 Prozent zu fallen – zehrt die Vorstellung eines weiteren Blockade-Jahres gewaltig an den Nerven des BürgerInnentums.
Der Versuch der Regruppierung des Dritten Lagers durch die Wiedervereinigung des BZÖ Kärnten mit der Strache-FPÖ muss daher als das verstanden werden, was es ist: die Wiederherstellung der Option einer schwarz-blauen Bürgerblock-Regierung. Das auffällige Schweigen der ÖVP zu diesen Vorgängen dürfte dabei im krassen Gegensatz zu ihrer Aktivität hinter den Kulissen stehen.

SPÖ & Gewerkschaften


Die SPÖ-Spitze will neuerliche Wahldebakel verhindern und setzt auf Konfrontation mit ÖVP-Innenministerin Fekter. Nicht aber weil sie das unmenschliche Fremdengesetz endlich beseitigen will – nein, im Konflikt um den geplanten Bau des Asylzentrums Eberau gibt sie die Schutzheilige gegen "Asylanten". Ihr einziges Heil vor einer immer stärker werdenden FPÖ sieht die SPÖ kläglicherweise in einer harten "Ausländerpolitik".
In den letzten Monaten sahen wir eine Reihe von Arbeitskämpfen im Zuge von KV-Verhandlungen aber auch auf Betriebsebene. In all diesen Konflikten versuchte die Gewerkschaftsführung die eigene Basis möglichst ohne Widerstand an die Anforderungen des Kapitals anzupassen. Bei den KV-Verhandlungen in der Metallindustrie wurde die zentrale Frage – die weitere Flexibilisierung der Arbeitszeiten und die damit verbundenen Lohneinbußen – aufgeschoben, um sie in Ruhe ausmauscheln zu können. Bei Shell Lobau wurde der Arbeitskampf zum Erhalt des Werkes in letzter Minute von oben abgedreht. Der einjährige Kampf um den DruckerInnen-KV endete mit einem vollen Sieg der Unternehmen.
Ähnliche Kämpfe werden wir 2010 in wachsender Zahl erleben, denn die Kosten der Krise müssen bezahlt werden – und da kann auf Dauer kein tragfähiger Kompromiss zwischen Arbeit und Kapital sozialpartnerschaftlich auspaktiert werden.
Im kommenden Jahr werden sich die politischen und gewerkschaftlichen Konflikte zuspitzen. Umso notwendiger ist die Herausbildung einer starken Linken in der SPÖ und den Gewerkschaften. Mit der SPÖ-Linken gibt es eine erste Chance, diese Aufgabe zu lösen. Wenn sie ihren Namen verdienen will, dann muss sie sich nicht nur programmatisch klar links und gegen die Politik des Klassenkompromisses der Führung positionieren, sondern ihr Programm aktiv in die Strukturen der Partei und in die lebendigen Klassenkämpfe tragen. Die bundesweite Konferenz der SPÖ-Linken am 6. März wird klare Antworten zu zentralen Fragestellungen der Lohnabhängigen formulieren und diese möglichst organisiert und koordiniert in der ArbeiterInnenbewegung verankern müssen.
Die Voraussetzungen, um in den kommenden Schlachten bestehen zu können, sind angesichts der Rolle, die die Führungen der ArbeiterInnenbewegung spielen, alles andere als günstig. Weitere Niederlagen auf allen Ebenen des Klassenkampfes sind für 2010 vorprogrammiert; jede weitere Schlappe wird den "Reformhunger" der Bürgerlichen befeuern./p>
In diesen Auseinandersetzungen müssen wir jene Elemente des Widerstandes – BetriebsrätInnen und ganze Belegschaften, SPÖ-Mitglieder und SJlerInnen, Uni- und SchulaktivistInnen – zusammenbringen, die einen politischen Kurswechsel nach links als politische Notwendigkeit erkennen und damit die Grundlage dafür schaffen, dass ernsthafter Widerstand gegen die permanenten Angriffe von oben möglich wird.

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