Mittwoch, 9. März 2011

Sozial Global: Fauler Kompromiss zum 8. März

Passenderweise einen Tag vor dem Internationalen Frauentag 2011 haben Gewerkschaft und die beiden Betriebsratskörperschaften von Sozial Global den mit der Geschäftsführung erzielten Kompromiss bei einer öffentlichen Betriebsversammlung hinter dem Wiener Rathaus verkündet. Statt mehr als 2.000 Euro gibt es jetzt 'nur mehr' etwas mehr als 600 Euro weniger für die betroffenen 385 Beschäftigten - davon 375 Frauen - pro Jahr; in einer Branche, in der jeder einzelne mehr als hart verdiente Euro öfter als einmal umgedreht werden muss, liegen doch viele der betroffenen KollegInnen mit ihren Einkommen unter der offiziellen Armutsgrenze. Und das hat die Gewerkschaft vida dann auch noch als Erfolg zu verkaufen versucht. Die Stimmung war dementsprechen nicht gerade rosig.

Gestrichen werden jetzt die Jubiläumsgelder und - was besonders schmerzhaft ist - der Sonntagszuschlag wird von 100% auf 80% gekürzt. Gerade in einer Branche, in der ohnedies schon lange rund um die Uhr gearbeitet wird, ist es besonders schlimm, wenn eine solch wichtige gewerkschaftliche Errungenschaft beschnitten wird. Die SprecherInnen auf der Betriebsversammlung haben allesamt versucht, zu beweisen, dass mit diesem faulen Kompromiss der "Domino Day" verhindert wurde. Tatsächlich ist aber damit der erste Dominostein gefallen! Weiter Angriffe werden so sicher folgen wie das Amen am Ende des Gebetes.
Besonders bedenklich ist auch, dass der Kompromiss just am Tag vor einer angekündigten kämpferischen Betriebsversammlung erfolgte. Dementsprechend dürftig war auch die Zahl der TeilnehmerInnen. Wenn es nicht am Tag vor der Betriebsversammlung zu einem Deal am Verhandlungstisch gekommen wäre, hätte angesichts des Drucks aus der Belegschaft auf der Straße sicherlich viel mehr erreicht werden können! In Anbetracht des anstehenden Internationalen Frauentages hätten sich die SPÖ-Frauen, unter deren direktem Einfluss Sozial Global steht, nämlich einen öffentlichen Konflikt gar nicht leisten können. Es hätte vielleicht schon ein härterer Verhandlungskurs gereicht. Spätestens nach einer kämpferischen Betriebsversammlung einen Tag vor dem 8.3. hätte das Unternehmen in Anbetracht der Tatsache, dass es v.a. um Frauenlöhne gegangen ist, aber garantiert nachgeben müssen. Zu hoch wäre sonst der Preis für die SPÖ gewesen. Doch das Parteibuch war manchen VerhandlerInnen auf der Gewerkschaftsseite trotz aller Anti-SPÖ-Rhetorik wohl doch näher als die Anliegen der Beschäftigten.
Auf der anderen Seite hat die SPÖ klar und deutlich gezeigt, dass ihr all die schönen Worte von Frauenrechten und gleichen Löhnen in der Realität nichts bedeuten. Wo denn, als in einem Betrieb, der organisatorisch direkt und finanziell (indirekt über die Wiener Landesregierung) unter ihrem Einfluss steht, hätte sie ihre Forderungen leichter in die Praxis umsetzen können? Tatsächlich ist es aber der SPÖ anscheinend wichtiger, die Frauenquote für ein paar Karrierefrauen in Aufsichtsräten (vulgo: Kapitalistinnen) durchzusetzen, als die Lebensbedingungen der breiten Masse der Frauen zu verbessern.
Die Beschäftigten wären zum Kampf bereit gewesen, ihre Gewerkschaft allerdings nicht. Hier wird einmal mehr klar, dass wir Lohnabhängigen selbst die Gewerkschaften von unten demokratisch neu organisieren müssen, um durch aktive Kämpfe die weiter fortschreitende Verschlechterung unserer Arbeits- und Lebensbedingungen zu verhindern.

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