Donnerstag, 17. November 2016

Für einen sozialdemokratischen Umgang mit der FPÖ

Die derzeit in der SPÖ stattfindende Diskussion zum Umgang mit der FPÖ stellt uns vor schwierige Fragen, deren Beantwortung über die Zukunft der Partei entscheiden wird.

Zunächst müssen wir uns die Frage stellen, ob es sich bei der FPÖ um eine normale Partei handelt, die sich innerhalb des sog. Verfassungsbogens bewegt?

Beschäftigen wir uns nur mit zwei kurzen Beispielen, die klar machen, für was diese Partei steht und mit wem sie kooperiert.

Im 2013 von Norbert Hofer herausgegeben Buch „Für ein freies Österreich. Souveränität als Zukunftsmodell“ schreibt der Autor Michael Howanietz, FPÖ-Bezirksrat im 20. Wiener Bezirk, von den Frauen, nach denen sich die echten Männer sehnen, die in erster Linie von ihrem „Brutpflegetrieb“ bestimmt werden. Dass ZuwandererInnen wie „Wespenlarven“ sind, die „Maden von innen zerfressen“, dass wir uns über unsere „Stammeszugehörigkeit“ definieren sollten, dass es ein Drama ist, dass wir „nicht-stammeszugehörige Fremde“ nicht mehr „gesichert an ihrem Äußeren erkennen können“, dass wir kurz vor unserer „biologischen Selbstauslöschung“ stehen.

Hofer bewarb dieses Machwerk mit den Worten „Haben Sie den Mut, auch hinter die Kulissen des Treibens zu sehen, sie werden Erstaunliches entdecken.“

Diese wenigen Aussagen von IdeologInnen der FPÖ machen klar, welches Menschenbild, diese Partei vertritt. Es ist spalterisch, nationalistisch, rassistisch, sexistisch und biologistisch und steht damit in einem unvereinbaren Widerspruch zum solidarischen Gesellschaftsbild der Sozialdemokratie.

Dass die FPÖ immer schon mit rechtsrechten Burschenschaftern kooperiert hat, die auch den Großteil ihrer Nationalratsabgeordneten stellen, ist kein Geheimnis. Aus diesem Kreis stammt etwa der Wiener Vizebürgermeister Gudenus. Laut Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes ist Gudenus maßgeblich für den rechtsextremen Charakter der FPÖ und ihrer Jugendorganisation verantwortlich. Im Jahr 2004 kritisierte Gudenus eine steigende Zahl von Einbürgerungen und sprach in diesem Kontext von „systematischer Umvolkung“, ein Begriff der aus der nationalsozialistischen Volkstumspolitik stammt.

Bei einer Rede im September 2013 meinte Gudenus zum Thema Zuwanderung: „Jetzt heißt es ‚Knüppel aus dem Sack!‘ für alle Asylbetrüger, Verbrecher, illegalen Ausländer, kriminellen Islamisten und linken Schreier!“ Mit „linken Schreiern“ meint er wohl auch SozialdemokratInnen und andere AntifaschistInnen.

Eine neue Qualität hat die kontinuierliche Entwicklung der FPÖ nach Rechts aber durch ihre systematische Zusammenarbeit mit der Identitären Bewegung erreicht, die in jedem Verfassungsschutzbericht prominent im Kapitel Rechtsextremismus aufscheint. Ihr ideologischer Kopf Martin Sellner postet auf Twitter u.a. solche Meldungen:


Dass sich die männlichen Mitglieder der Identitären Bewegung gerne beim Biertrinken mit Gottfried Küssel und prominenten Mitgliedern der FPÖ ablichten lassen oder auf Facebook ihre neuesten Waffenkäufe zur Selbstverteidigung gegen die „große Umvolkung“ wie sie Flüchtlinge nennen, präsentieren, ist mehr oder weniger Alltag.

Im Gegensatz zu früheren rechten Bewegungen gelingt es den Identitären auch bei Frauen zu punkten. Eine ihre prominentesten Vertreterinnen ist die FPÖ-Bezirksrätin im 3. Wiener Gemeindebzirk Katharina Walter, die des öfteren durch zutiefst rassistische und den Faschismus relativierende Aussagen auffällt. Die Angriffe der Identitären auf AntifaschistInnen, Kulturveranstaltungen und MigrantInnen sind aus den Medien zur Genüge bekannt.

Genosse Häupl verortete die Identitären vollkommen zurecht ideologisch ausdrücklich in der Nähe des Nationalsozialismus: „Das ist eine neofaschistische Organisation, die eigentlich völlig klar unter das Verbotsgesetz fällt.“

Bei der FPÖ handelt es sich also um keine normale Partei! Es handelt sich eindeutig um eine Partei, die sich offen faschisiert. Ob sie heute bereits faschistisch ist, wird einst die Geschichte entscheiden.

Unsere Aufgabe jedenfalls ist es, sie nicht noch weiter saloonfähig zu machen, und uns dem schon viel zu weit fortgeschrittenen Eindringen faschistischen Gedankengutes in die Gesellschaft ohne Wenn und Aber entgegenzustellen.

Selbstverständlich müssen wir zwischen WählerInnen der FPÖ und der Partei selbst unterscheiden. Viele wählen diese aus Verzweiflung ob ihrer sich permanent verschlechternden Lebenssituation. Der Kampf darum, diese Menschen wieder zu gewinnen, kann nur gewonnen werden, indem wir uns für ausreichende und gute Arbeitsplätze, genügend Wohnungen, eine menschenwürdige materielle Absicherung und vieles mehr für alle einsetzen. Mit einen Wort: Für eine gute Zukunft für alle!

Genosse Kern hat in den vergangene Monaten mehrmals vollkommen zurecht darauf hingewiesen, dass alles, was die Sozialdemokratie ausmacht, bereits im Hainfelder Programm angelegt ist. Dieses zeigt uns auch, wie wir den Kampf um die WählerInnen der FPÖ gewinnen können:
 „Die sozialdemokratische Arbeiterpartei in Österreich erstrebt für das gesamte Volk ohne Unterschied der Nation, der Rasse und des Geschlechtes die Befreiung aus den Fesseln der ökonomischen Abhängigkeit, die Beseitigung der politischen Rechtlosigkeit und die Erhebung aus der geistigen Verkümmerung.“
Und weiter:
„Die sozialdemokratische Arbeiterpartei wird gegenüber allen wichtigen politischen und ökonomischen Fragen Stellung nehmen, das Klasseninteresse des Proletariats jederzeit vertreten und aller Verdunkelung und Verhüllung der Klassengegensätze sowie der Ausnützung der Arbeiter zu Gunsten von herrschenden Parteien energisch entgegenwirken.“
Das erfordert aber auch, dass wir uns kompromisslos von der FPÖ abgrenzen. Mit ihr kann es keine Diskussion geben, da sie all unseren Grundwerten diametral gegenübersteht! Dass SozialdemokratInnen nicht mit einer solchen Partei koalieren können, versteht sich von selbst. Hier geht es um Grundsätze und Prinzipien, die wichtiger als alles andere sind. Ohne diese verlieren wir unsere politische Lebensberechtigung.

Tatsache ist aber auch, dass wir darin versagen müssen, das gute Leben für alle zu erkämpfen, wenn wir Kompromisse mit einer solchen Partei eingehen. Und jede Koalition erfordert Kompromisse.

Wenn wir in die Geschichte zurückblicken, sehen wir genau, dass der Aufstieg der Rechten immer eine Folge des Versagens der Linken war. In Österreich also unseres Versagens. Der Februar 1934 und die Jahre davor sprechen hier eine eindeutige Sprache! Lernen wir aus der Geschichte und wiederholen die gleichen Fehler nicht noch einmal!

Wir können aber aus unserer eigenen Geschichte auch lernen, wie es möglich ist, gesellschaftliche Mehrheiten zu erringen, indem wir Politik entlang unserer Prinzipien machen – ohne Kompromisse und für die breite Masse der arbeitenden Menschen, der Jugend und der PensionistInnen. Um unsere Prinzipien nicht noch mehr zu kompromittieren ist der Gang in die Opposition weitaus besser als eine Koalition mit der FPÖ.

Keine Koalitionen, keine politische Zusammenarbeit mit der FPÖ, egal auf welcher Ebene!

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