Mittwoch, 29. Juni 2011

Frankreich: Arbeitskämpfe an allen Fronten

Die französischen KollegInnen kämpfen einmal mehr an einer Vielzahl von Fronten gegen die Angriffe des Kapitals: Privatisierungen, Kürzungen, Jobabbau, ... Einige aktuelle Beispiele.

So haben z.B. am 16.6. 2011 ca. 18.000 EisenbahnerInnen in Paris gegen die Öffnung des Gütertransportes auf der Schiene für die private Konkurrenz protestiert. Ihrer Meinung nach geht es nur um Geld, Geld und nochmals Geld. Dass die Eisenbahn eine öffentliche Dienstleistung ist, gerät immer mehr in Vergessenheit – sie wird wie ein profitorientiertes Unernehmen geführt. Bereits jetzt mussten in Folge der Liberalisierung des Güterverkehrs zahlreiche Verbindungen eingestellt werden und immer mehr Güter werden wieder auf der Straße transportiert – mit dementsprechenden ökologischen Auswirkungen. Gleichzeitig spielen Sicherheitsfragen in der Debatte um den Güterverkehr mittlerweile überhaupt keine Rolle mehr.
Tatsächlich hat die private Konkurrenz v.a. zu Preissteigerungen, einer Verschlechterung des Angebotes für die NutzerInnen und der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten geführt. Trotz der Ankündigung von öffentlichen Debatten durch die Politik und die Geschäftsführung der Staatsbahn SNCF befürchten die KollegInnen eine weitere Verschlechterung der Arbeitsbedingungen.
Die oppositionelle Sozialdemokratie kritisiert, dass die Konkurrenz der Privaten das Finanzierungsproblem des Eisenbahnsystems sicherlich nicht lösen kann und fordert daher dessen Entschuldung. Nur so könne die erforderliche Modernisierung erfolgen, da dann die enormen Summen für die Schuldentilgung sinnvoll investiert werden könnten.

Aspirin


In der Pharmaindustrie befinden sich die Beschäftigten eines Aspirinwerkes von Rhodia seit fünf Wochen im Streik um einen Sozialplan zu erstreiten, sollten die Aktivitäten des Werkes tatsächlich verlagert werden. Rhodia befindet sicht derzeit in Verhandlungen mit Solvay, welches alle Aktivitäten des erstgenannten Unternehmens übernehmen will. Dabei wird es wie üblich zu Umstrukturierungen kommen, und all das nur, damit GroßaktionärInnen in Zukunft noch mehr Rendite für ihre eingesetzten Mittel erhalten können.

Sozialbereich


Ebenfalls am 16.6. sind die SozialarbeiterInnen im Rahmen eines nationalen Aktionstages in zahlreichen Städten erneut auf die Straße gegangen, um Lohnerhöhungen und eine bessere Anerkennung ihrer Ausbildung einzufordern – nur zwei der drei Studienjahre werden anerkannt. Ihre Arbeit wird in Anbetracht der Verarmung als Folge der Wirtschaftskrise immer mehr, meinen sie, aber ihre Arbeitsbedingungen werden immer schlechter: Posten werden gestrichen und die Aufgaben werden in Anbetracht der materiellen Situation vieler Betreuter immer komplexer.
Dieser Protest hatte aber auch einen politischen Charakter insofern die SozialarbeiterInnen darauf hinwiesen, dass ihre Aufgabe nicht die (staatliche) Unterstützung sei, als welche der Staat diese so gerne bezeichnet. Sicherlich spiegelt dies auch wider, dass sich viele junge KollegInnen an den Protesten beteiligten – darunter zahlreiche StudentInnen. Diese fordern ein, dass Sozialarbeit wie in ihren Anfängen wieder einen politischen Charakter bekommen muss statt einzig und alleine Unterstützungsleistungen anzubieten und die Betreuten so zu Abhängigen zu machen. Diese müssten vielmehr dazu befähigt werden, ihre Forderungen selbst zu vertreten und durchzusetzen. Eine solche Repolitisierung könnte dem Sozialbereich auch hierzulande nur gut tun.
Aus Protest gegen die Nichtanrechnung der Ausbildungszeiten haben viele KollegInnen in Marseille ihre Diplomzeugnisse symbolisch verbrannt. Da die Anforderungen weiterhin steigen, die Aufgaben mehr werden, die Armut der Familien zunimmt und auch die Präkarisierung der Arbeitsbedingungen voranschreitet, ohne dass es zu Lohnerhöhungen kommt, werden die Proteste weiter gehen – da waren sich die AktivistInnen am Aktionstag einig. Ihr Motto lautet weiterhin: Le travail social mérite mieux – Soziale Arbeit ist mehr wert!

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