Mittwoch, 10. Februar 2010

BAGS-Kollektivvertrag: Verschenkte Chance

Trotz kampfbereiter Basis ist es wieder nicht gelungen, den Kollektivvertrag für den privaten Sozial- und Gesundheitsbereich nachhaltig zu verbessern.

Nach zweimaligem Abbruch der Kollektivvertragsverhandlungen im Sozial- und Gesundheitsbereich, BetriebsrätInnenkonferenzen, einer großangelegten Unterschriftenaktion und einem kämpferischen Aktionstag am 14.1.2010 mit Demonstration in Linz, Graz, Klagenfurt und Wien kam es doch noch zu einem Abschluss. Am 21. Jänner einigten sich die Gewerkschaften GPA-djp und VIDA einerseits sowie die sog. ArbeitgeberInnenvereinigung BAGS andererseits.
Der getätigte Abschluss sieht Lohn- bzw. Gehaltserhöhungen zwischen 1,25 und 1,86% vor – die Forderungen der Betriebe nach massiven Verschlechterungen bei den Arbeitszeiten wurden dank der gewerkschaftlichen Mobilisierungen fallen gelassen. Positiv am Gehaltsabschluss ist die erstmalige Vereinbarung eines Sockelbetrages von 24 Euro, welcher die unteren Einkommensgruppen bevorzugt. Doch es gibt auch Wermutstropfen. Die Ist-Gehälter werden nur um 1,25% erhöht und jene von KollegInnen, die noch nach alten Gehaltssystemen (etwa auf Basis von Betriebsvereinbarungen vor Inkrafttreten des BAGS-Kollektivvertrages) entlohnt werden, gar nur um 1%. Gerade diese KollegInnen mussten aber bereits in den letzten Jahren auf Grund der Einführung des Kollektivvertrages massive Lohnverluste hinnehmen. Weiters konnte keine rückwirkende Lohn- bzw. Gehaltserhöhung mit Jahresbeginn durchgesetzt werden, so dass diese nur für 11 Monate gilt, was sich bei den in dieser Branche ohnedies geringen Lebensverdienstsummen nochmals negativ auswirken muss.
Insgesamt hat sich also trotz erster Ansätze eines Arbeitskämpfchens an der skandalös niedrigen Bezahlung im privaten Sozial- und Gesundheitsbereich nichts geändert – und das obwohl die KollegInnen nachdrücklich bewiesen haben, dass sie kampfbereit wären, was von führenden GewerkschaftsvertreterInnen jahrelang bestritten wurde. Der größte Erfolg für die vielen kämpferischen BetriebsrätInnen, die sich wieder einmal den A... aufgerissen haben, um ihre KollegInnen auf die Straße zu bringen ist es also, dass das Dogma durchbrochen ist, dass in diesem Bereich ein Arbeitskampf nicht möglich sei. Dies hat sich auch in der Rede der Bundesgeschäftsführerin der GPA-djp Dwora Stein auf der Abschlusskundgebung in Wien widergespiegelt als diese unter dem tosenden Applaus der mehr als 4.500 anwesenden KollegInnen verkündete, dass die Gewerkschaften selbstverständlich auch im Sozialbereich einen Streik unterstützen würden!

Kämpfen lohnt sich!


Es gibt im Sozialbereich einfach keine Überzahlungen über den Kollektivvertrag hinaus, wie sie in anderen Branchen üblich sind, so dass die Bezahlung im Durchschnitt 20% unter jener von vergleichbaren Tätigkeiten in andern Sektoren liegt. Damit liegt die Hauptaufgabe der Gewerkschaften für die nächsten Jahre klar auf der Hand: plus 20%! In diesem Zusammenhang darf auch nicht vergessen werden, dass es im Sozialbereich nur sehr wenige Vollzeitbeschäftigte gibt, womit deren Bezahlung einfach nicht als Messlatte herangezogen werden kann.
Dass über 8.000 KollegInnen in der Arbeitszeit für bessere Arbeitsbedingungen und eine faire Bezahlung auf die Straße gegangen sind, zeigt das Potenzial im Sozial- und Gesundheitsbereich. Wenn die Gewerkschaften hier zu kämpfen beginnen, dann ist enorm viel drinnen – das hat diese Kollektivvertragsrunde bewiesen. Wenn der Kampf noch schärfer geführt worden wäre, dann wäre garantiert noch mehr drinnen gewesen. Das ist es, was wir allen KollegInnen bis zur nächsten Kollektivvertragsrunde klar machen müssen – dann werden die Gewerkschaften wieder mobilisieren und wir werden bei der Politik (als Finanzgeberin) und den Geschäftsführungen viel mehr herausholen können als heuer.
Mit weniger als Arbeitsbedingungen und der Bezahlung wie sie in vergleichbaren Berufen üblich sind, können wir Beschäftigten im privaten Sozial- und Gesundheitsbereich uns schlicht und einfach nicht mehr zufrieden geben. Für die Banken und Konzern hat es in der Krise auch genug Geld gegeben – jetzt sind wir dran!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen