Sonntag, 5. Februar 2006

Postprivatisierung und der K(r)ampf dagegen

Nach monatelangem Hin und Her ist eingetreten, was alle erwartet hatten: Die Regierung hat die Privatisierung der Post beschlossen. Während dieses gesamten Zeitraums hat die Gewerkschaft klargestellt, dass sie diesen Schritt nicht kampflos akzeptieren wird. Ja, immer wieder ist sogar das in Österreich ach so verpönte Wort Streik gefallen.

Kampf?


Auch nach dem Privatisierungsbeschluss im MinisterInnenrat haben die meisten an der Basis aktiven GewerkschafterInnen und BetriebsrätInnen noch damit gerechnet, dass es zu einem Streik kommen wird. Selbst Teile der Gewerkschaftsspitze sind für diese Perspektive gestanden und haben sie sogar aktiv verfolgt. In Oberösterreich ist es so in einem großen Verteilzentrum und einigen Postämtern mit aktiver Unterstützung des ÖGB Oberösterreich zu einem sogenannten wilden Streik gekommen. Ja, dieser dürfte sogar von der Gewerkschaftsspitze in Linz initiiert worden sein. Höchst interessant ist, dass sich hier offenbar ein Teil der Gewerkschaftsspitze zu einem kämpferischeren Kurs entschlossen hat und bereit ist, mit dem sozialpartnerInnenschaftlichen Gemauschel der Verzetnitsch&Co zu brechen. Das ist der Weg, an dem sich die gesamte Gewerkschaftsspitze ein Vorbild nehmen sollte.
Doch die SpitzenvertreterInnen von ÖGB und Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten (GPF) haben wieder einmal alles anders gesehen. Trotz der vollmundigen Ankündigungen war plötzlich von Streik nicht mehr die Rede. Oder dieser sollte zumindest auf den Tag des formalen Privatisierungsbeschlusses im Aufsichtsrat der ÖIAG vertagt werden. Dieser nun hat vor wenigen Tagen, am 30.01.2006, statt gefunden.
Die bisherige Bilanz des Kampfes gegen die Teilprivatisierung der Post (49% sollen an die Börse gebracht werden, aber wir alle wissen, dass dies zumeist nur der erste Schritt für eine Totalprivatisierung ist) ist mehr als dürftig. Eine Demonstration in Wien mit runden 500 TeilnehmerInnen, von denen viele aus Oberösterreich angereist oder sympathisierende BetriebsrätInnen, Lohnabhängige und Jugendliche waren, und eine Kundegebung während des Beschlusses im ÖIAG-Aufsichtsrat mit runden XXX TeilnehmerInnen, von denen wiederum ein Gutteil aus Oberösterreich angereist war. Gekratzt hat das Regierung und Kapital natürlich nicht die Bohne. Der Streik ist nämlich offensichtlich auf den Sankt Nimmerleinstag vertagt worden. Von Kampf kann folglich nicht gesprochen werden, höchstens von (zahnlosem) Protest.

Verpasste Chance


Das Problem hat aber schon mit der Vertagung des Streiks auf den ÖIAG-Beschluss begonnen. Jeder Kampf, der später beginnt, ist schwerer zu gewinnen. Maßnahmen die bereits umgesetzt werden, sind immer schwerer rückgängig zu machen als im Vorhinein zu verhindern. Privatisierungen können – wie zahlreiche internationale Beispiele zeigen – nur durch Streiks überhaupt verhindert werden. Und zu diesem war der ÖGB nicht bereit – wieder ein Chance verpasst, der Regierung zu zeigen, dass wir Lohnabhängigen uns Sozialabbau und Privatisierung nicht mehr länger gefallen lassen!
Wohl auch deswegen haben sich 77% der Bevölkerung gegen die Privatisierung der Post ausgesprochen, nämlich weil diese ein weiteres Symbol des Kurses der neoliberalen Kälte seit 2000 ist. Ein erfolgreicher Kampf, der die Privatisierung der Post verhindert hätte, hätte eine enorme Vorbildwirkung für andere Kämpfe gehabt und gezeigt, wie es geht. Höchstwahrscheinlich hätte ein solcher Sieg gar die Regierung stürzen lassen. Aber offensichtlich wollen ÖGB- und SPÖ-Spitze das gar nicht. Vielmehr stellen sie sich bereits auf ihre künftigen MinisterInnenämter ein und spielen nur all zu gerne die Rolle des stillen Koalitionspartners, der dem Kapital schon heute beweist, dass er nach der Nationalratswahl im Herbst in der Regierungsverantwortung sein bester Verwalter sein wird.

Kritik?


Anders ist nicht zu erklären, dass weder von der GPF noch von der SPÖ die Privatisierung an sich kritisiert wurde. Beide kritisierten nur, dass der Zeitpunkt falsch, es zu früh und die Privatisierung nicht gut genug vorbereitet seien. Dass jede Privatisierung aber wegen der dadurch sich verschlechternden Versorgung für die Allgemeinheit und den daraus resultierenden dramatischen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen aus Prinzip abzulehnen ist, haben diese Damen und Herren offensichtlich in ihren warmen Sitzungszimmern schon lange verlernt. Ihnen ist ja auch nicht kalt. Sie werden auch nicht – so wie tausende PostlerInnen – ihre Arbeitsplätze verlieren.
Interessant daran ist auch, dass die hier vorgebrachte Kritik von vielen Bürgerlichen geteilt wird – oder gar von diesen übernommen wurde? Interessant auch deshalb, da dies zeigt, wie sehr das Programm der SPÖ bereits mit den Interessen des Kapitals in Einklang gebracht wurde. Ja noch interessanter ist, dass der Vorsitzende der GPF es als Verhandlungserfolg darstellt, dass die MitarbeiterInnen bei der Privatisierung mehr Aktien bekommen sollen, wo doch laut Regierung ohnedies eine sogenannte Volksaktie das Ziel ist. Doch wer kann sich schon Volksaktien leisten aus dem Volk – wohl nur die, die ohnedies schon zu viel besitzen, aber sicherlich nicht jene, die heute schon sozial frieren. Und dass damit – selbst wenn sich Lohnabhängige diese Aktie leisten könnten – nur der Ideologie der Besitzenden Vorschub geleistet wird, indem vermittelt wird, dass es ja eh jedeR, der/die will schaffen kann, fällt diesen Herrschaften schon gar nicht mehr auf, wohl weil ihr Lebensstil schon längst dem der Besitzeden entspricht und schon lange nicht mehr dem der breiten Masse der Lohnabhängigen.

Kurswechsel jetzt!


Tatsache ist: Der Kampf gegen die Privatisierung der Post ist leider verloren. Ja, er war es wohl von Anfang an, da er erst gar nicht geführt wurde. Viele KollegInnen haben mit einem Streik gerechnet, ebenso wie die Bevölkerung. Und ein solcher hätte nicht nur die Unterstützung der Belegschaft gefunden, sondern auch die von breiten Teilen der Bevölkerung.
Denn deren Mehrheit hat die Nase schon längst voll von Privatisierung Arbeitsplatz- und Sozialabbau. Höchste Zeit also, dass Gewerkschaften und SPÖ bedingungslos den Kampf dagegen aufnehmen. Nur so wird es möglich sein, dass die SPÖ die Nationalratswahl im Herbst auf Basis unserer Interessen statt jener der Herrschenden gewinnt.
Das zeigt aber auch deutlich, was sich die Gewerkschaftsmitglieder erwarten: Eine Gewerkschaft, die ohne Wenn und Aber für ihre Interessen kämpft. Immer mehr und mehr KollegInnen erkennen, dass das mit dieser Gewerkschaftsspitze nicht möglich ist, da diese lieber auf ihre Penthäuser und Pöstchen schaut. Immer mehr KollegInnen stehen dafür, dass sich die Gewerkschaften wieder auf ihre wahre Funktion besinnen „Preisfechter der Arbeit“(Marx) zu sein. Und Fechten ist schließlich auch eine Form des Kampfes.
Sogar Teile der FunktionärInnen stehen schon für solch eine Kurswechsel. Höchste Zeit, ihn umzusetzen, damit es nicht noch kälter wird in diesem Land, damit nicht noch mehr privatisiert und sozialabgebaut wird. Zeit für eine Gewerkschaftsführung, die diese Bezeichnung auch verdient und unsere Interessen auf dem Schlachtfeld des längsten aller Kriege, des Kampfes zwischen Lohnarbeit und Kapital, erKÄMPFT.

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