Mittwoch, 22. April 2009

Vermögenssteuer jetzt!

Die kapitalistische Krise weitet sich aus, doch noch immer verteidigt die Regierung die Interessen der Reichen anstatt sich um die Lebensbedingungen der Massen zu kümmern.

Die Wirtschaftskrise hat die Regierung dazu bewogen, ein Staatsdefizit von über 4% in Kauf zu nehmen und die Staatsverschuldung auf über 70% der jährlichen Wirtschaftsleistung zu erhöhen. Während sich ein paar KomödiantInnen über allfällige EU-Defizitverfahren Gedanken machen, verbergen sich hinter diesen Tatsachen tatsächliche handfeste Fragen der Klassenauseinandersetzung. Denn: Selbst unter der (irrealen) Annahme, dass die Bürgerlichen in Zukunft keine Sparpakete zur Verkürzung der gesamtstaatlichen Verschuldung schnüren werden, bleibt jedenfalls der erhöhte Zinsendienst als Last auf der österreichischen Gesellschaft. Es stellt sich daher die Frage, wer diese Kosten zu tragen hat. Würde das bürgerlich-rechtliche VerursacherInnenprinzip angewendet, so sind die RechnungsempfängerInnen leicht ausgemacht: Es sind dies die Banken, deren Kapitalbedarf die Staatsverschuldung via "Eigenkapitalstärkung" nach oben treibt, es sind dies die Betriebe, deren Stellenabbau Milliarden und Abermilliarden aus der Arbeitslosenversicherung und Lohnsteuereinnahmen kosten wird. Es gehören dazu auch die Baukonzerne, die sich ihre Profittaschen aus dem Ausbau der öffentlichen Aufträge vollstopfen und die SpekulantInnen, die sich auch bei fallenden Kursen auf den Kapitalmärkten eine goldene Nase verdienen.
Unter kapitalistischen Verhältnissen ist das Steuersystem aber nicht auf eine gerechte Verteilung der Kosten angelegt, sondern hauptsächlich zur Auspressung der Lohnabhängigen, um Ausgaben im Dienste der Reichen durchführen zu können. Dieses Missverhältnis hat (unter tatkräftiger Mithilfe früherer sozialdemokratischer Finanzminister) ein derart aufreizendes Ausmaß erreicht, dass keine ideologischen Nebelgranaten mehr ausgereicht haben, um eine Debatte darüber zu verhindern. Dies erklärt auch, warum das vom steirischen Landeshauptmann Voves vorgelegte Steuerkonzept, das eine (relativ milde) Besteuerung von Vermögen vorschlägt, auf ein derartiges echo stieß. Umgehend kam aus der "Betonfraktion" der SPÖ-Regierungsriege ein "Njet", denn neue Steuern seien im Koalitionspakt mit der ÖVP nicht vorgesehen. Die UnterstützerInnen der von Voves vorgeschlagenen Maßnahmen in der SPÖ führten daraufhin richtigerweise ins Treffen, dass ja auch keine Milliardengeschenke an die Banken im Regierungsprogramm stünden.
SPÖ-Klubobmann Cap drückte daraufhin sofort seine aus tiefstem Herzen kommende Sorge um die "Häuslbauer" aus, die von einer solchen Maßnahme betroffen wären. Wir wissen ja nicht, welche Häuser im Bekanntenkreis von Josef Cap besessen werden, aber eine Freigrenze von € 500.000,- (wie sie z.B. von der GPA-djp vorgeschlagen wird) würde die ReihenhausbewohnerInnen wohl relativ treffsicher von den Jagdschlossbesitzern vom Schlage eines Alfons Mensdorff-Pouilly separieren. In Wahrheit kommt es Faymann & Co. natürlich bloß ungelegen, dass sie sich in eine Auseinandersetzung mit der ÖVP begeben sollen, die nur entweder mit dem Ende der Koalition oder einer Kapitulation der SPÖ enden kann.
Das eben ist das zentrale Problem der SPÖ in der Großen Koalition: Entweder sie legt sich vor der ÖVP auf den Bauch oder die Koalition fliegt in die Luft. Eine Tatsache, auf die wir seit Jahren mit Unterstützung von immer mehr faktischem Material hinweisen und die von der SPÖ-Spitze seit ebenso vielen Jahren trotz Wahlniederlagen und Mitgliederschwund hartnäckig ignoriert wird.
Tatsächlich kann eine Vermögensbesteuerung natürlich nur gegen den entschiedenen Widerstand der Bürgerlichen in diesem Land durchgesetzt werden, eine zufällige Parlamentsmehrheit ist dafür nicht zu erwarten. Ohne sozialen Druck, d.h. eine Mobilisierung der lohnabhängig Beschäftigten durch die Gewerkschaften und die SPÖ, werden die besten Konzepte aus den Parteisekretariaten nichts bewegen. Das aber setzt voraus, dass die Methoden des Klassenkampfs (Demonstrationen, Streiks etc.) überhaupt als Mittel der Politik von der Führung der österreichischen ArbeiterInnenbewegung akzeptiert werden. Wir müssen leider feststellen, dass diese Führung nicht einmal nach einigen Monaten der Krise, des massenweisen Stellenabbaus, der Provokationen durch die ArbeitgeberInnen (wie z.B. zuletzt bei den Kollektivverträgen für die DruckerInnen und ChemiearbeiterInnen) von ihren traditionellen Konzepten abzurücken bereit ist. Und das mit gutem Grund: Wird der Deckel über dem Druckkochtopf der österreichischen ArbeiterInnenklasse geöffnet, ist eine unmittelbare Explosion des Klassenkampfs zu erwarten.
In einem solchen Prozess würde dann natürlich um mehr gehen als bloß um das eine oder andere Zehntelprozent Vermögenssteuer. In einer massiven Klassenauseinandersetzung wird auch die Frage gestellt: Ist es überhaupt gerecht, dass einige FirmenbesitzerInnen und ManagerInnen über die Existenzgrundlagen hunderttausender Menschen verfügen können? Darf die Zukunft der Gesellschaft den Entwicklungen auf völlig unkontrollierbaren, anarchischen Kapitalmärkten geopfert werden? Wer soll überhaupt die Gesellschaft lenken, die unbewusste Profitmaximierung oder der rationale Wille der Mehrheit der Gesellschaft? In diesem Sinne: Nicht ein größeres Stück vom Kuchen, sondern die ganze Bäckerei!

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