Was ist der Grund dieses Unmuts? In den letzten Tagen hat die Debatte über die geplante Volksabstimmung in Griechenland zum nächsten von EU und IWF geforderten Sparpaket die öffentliche Diskussion beherrscht. Motto: Dürfen die das denn überhaupt? Zuerst geben wir ihnen unser Geld und dann wollen sie auch noch darüber abstimmen, ob sie sich dem Diktat dieses Geldes (bzw. den damit verbundenen Auflagen) unterwerfen ...
Insel der Seligen?
Hier kommt zweierlei zum Ausdruck: 1. eine zutiefst imperialistische Haltung des "Wer zahlt schafft an" – und das in allen Ländern dieser Welt, was ja leider auch durchaus der Realität entspricht. Als ob diese keine Rechte hätten. 2. zeigt diese Argumentationslinie, dass die politischen EntscheidungsträgerInnen keinen Funken an Respekt vor den Grundsätzen unserer ohnedies sehr begrenzten Demokratie haben.
Wenn Griechenland seine Wirtschaft für die nächsten paar Generationen auf die Leistungsfähigkeit eines sog. Entwicklungslandes zurück bomben lässt, dann müssen doch die dort Lebenden wenigstens darüber abstimmen dürfen. Aber nein, meinen Presse und Politik einhellig. Darüber müssen die großzügigen GeldgeberInnen in Brüssel, Washington, Berlin, Wien usw. entscheiden – die Menschen in Griechenland dürfen ihre Stimme dazu aber ebensowenig erheben, wie all die anderen arbeitenden Menschen, Jugendlichen und PensionistInnen in Europa, die unter einem Sparpaket nach dem anderen leiden. Was hat schließlich Demokratie zu suchen, wo es um Geld geht? Und das Geld hat sich mittlerweile einmal mehr gegen die Demokratie durchgesetzt!
Gehirnwäsche
Denn schließlich geht es ja um immense Beträge – die müssen wir doch sichern für uns SteuerzahlerInnen, sagen viele. Ich sage wieder "Lüge". Die Beträge sind hoch, aber im Vergleich zum heimischen Bankenrettungspaket sind sie klein. Die vier Milliarden für Griechenland sind gerade einmal ein Fünftel des Betrages, mit dem wir SteuerzahlerInnen den schwarzblauen Hypo-Alpe-Adria-Selbstbedienungsladen des seligen Jörg H. finanziert haben.
Denn Griechenland ist doch Pleite, sagen viele. Auch dem halte ich ein "Lüge" entgegen. Wer ist nämlich überhaupt Griechenland? Die Regierung hat kein Geld mehr – richtig. Die meisten Menschen leiden zunehmend unter Verarmung – auch richtig. Sie können also auch nichts mehr verlieren. Doch die griechischen Reichen haben alleine in den letzten Monaten so viel Vermögen ins Ausland gebracht, dass damit alle Schulden Griechenlands auf einen Schlag getilgt werden könnten. Das Geld ist also da – es ist nur falsch verteilt.
Und genau diese Reichen machen jetzt mit der Krise satte Gewinne – sie borgen ihrer eigenen (und anderen) Regierung Geld um dafür noch mehr Geld zurückzubekommen. Letztlich handelt es sich also bei der sog. Staatschuldenkrise um eine riesige Umverteilung von Arm zu Reich. Griechenland hat so – wie alle anderen SchuldnerInnen – seine Schulden schon vielfach zurückbezahlt. Bei den derzeitigen Risikoaufschlägen für Staatsschulden (gerade auch für Griechenland) dauert es alleine durch Zins und Zinseszins keine zehn Jahre bis die Schulden zurückgezahlt sind. Ab dann gibt es fette Profite für alle KreditgeberInnen, insbes. natürlich die Banken.
Insofern wäre eine Schuldenschnitt für alle griechischen Schulden (und nicht nur die Staatsanleihen) von 100% vollkommen gerechtfertigt. Alle KreditgeberInnen haben schon genug mit Griechenland und all den anderen Ländern mit Staatsschulden verdient. Das gilt auch für Österreich, das dzt. alleine auf Bundesebene 8 Milliarden jährlich für den Schuldendienst bezahlt – 8 Milliarden, die die Sicherung der Pflege, eine Sanierung des Bildungssystems und vieles andere mehr in wenigen Jahren zur Realität machen könnten.
Demokratie = Mut
Ich ziehe den Hut vor dem griechischen Ministerpräsidenten, dass er den Mut hatte, die Menschen selbst entscheiden zu lassen, selbst wenn es dafür sicherlich auch unlautere Motive geben mag und selbst wenn er sich schließlich der geballten Macht von Banken, Kapital und deren LakaiInnen in den EU-Regierungen beugen musste. Das ändert aber nichts daran, dass es prinzipiell immer richtig ist, die Menschen selbst über ihre Zukunft entscheiden zu lassen.
Ich hätte zutiefst gehofft, dass die GriechInnen ihren bei all den eindrucksvollen Protesten gezeigten Mut auch an den Urnen beweisen würden und Nein zu den Sparpaketen sagen. Aber dann wäre doch Griechenland pleite gegangen, werden jetzt viele erneut sagen. Die Realität aber ist, dass die meisten Menschen in Griechenland ohnedies nichts mehr zu verlieren haben. Die Reichen und das Kapital – die sind dann vielleicht pleite, aber dass ist ihr eigenes Problem. Sie habe schon immer hervorragend auf Kosten der arbeitenden Menschen gelebt. Griechenland kann nicht pleite gehen – die griechischen Banken und das griechische Kapital aber schon. Aber ist das die Sorge der arbeitenden Menschen?
Doch selbst dieser drastische Schritt wäre vermeidbar. Durch eine radikale Umverteilung von Reich zu Arm könnten heute alle Schuldenprobleme gelöst werden. Und wenn das Kapital seinen Beitrag zu einer solchen Lösung – in Form hoher Gewinn- und Vermögenssteuern etwa auf dem Niveau der Lohnsteuer für uns Lohnabhängige – verweigert, dann muss der Spieß umgedreht werden. Nicht mehr: Vergesellschaftung der Verluste und Privatisierung der Gewinne, sondern: Privatisierung der Verluste und Vergesellschaftung des Eigentums der AbzockerInnen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen