"Die große Kluft zwischen den Kapitalisten und den Arbeitern muss sich ändern. Wir müssen dafür sorgen, dass die Arbeiter am Wirtschaftswachstum beteiligt sind." Wer jetzt meint, diese Aussage stamme von Karl Marx, der/die täuscht sich. Auch wenn es fast nicht zu glauben ist, stammt sie aus einem Interview mit Frank Stronach im "Österreich" von 28.11.2011 (S. 8).
Selbstverständlich glauben wir nicht, dass sich Mister Stronach plötzlich vom Saulus zum Paulus gewandelt hat, wie seine oben zitierte implizite Kritik an den "Kapitalisten" andeuten könnte. Selbstverständlich ist er weiterhin selbst ein Kapitalist. Und selbstverständlich will er mit solchen Vorschlägen zur Systemkosmetik eben das kapitalistische System und damit seine gesellschaftlichen Privilegien als Angehöriger der herrschenden Klasse retten.
Zu kritisieren ist auch, dass die arbeitenden Menschen nur am Wirtschaftswachstum "beteiligt" sein sollen. Wir erwirtschaften das gesamte Wachstum unserer Wirtschaften, also wäre es schlicht und einfach nur gerecht, wenn auch alles davon auf unseren Konten landen würde und nicht der Großteil in den übervollen Safes der Besitzenden.
Trotzdem hat Herr Stronach im Kern seiner Aussage auch nicht ganz so unrecht. Das herrschende kapitalistische System ist in Gefahr und hat beim Großteil der Bevölkerung spätestens seit 2008 auch den letzten Rest an Legitimation verloren. Wenn sich also die Kluft "zwischen den Kapitalisten und den Arbeitern" nicht bald ändert, wird das früher oder später dazu führen, dass die arbeitenden Menschen den Kapitalismus einfach abschaffen. Daher muss diese Kluft zwischen den beiden Hauptklassen unserer Gesellschaft aus der Sicht von klugen VertreterInnen der herrschenden Klasse verringert werden. In anderen Ländern haben schon längst KapitalistInnen, aber auch deren Lohnschreiberlinge in den bürgerlichen Massenmedien ihre eigene Kapitalismuskritik vorgebracht und für deutlich höherer Steuern auf Vermögen im Sinne einer ansatzweisen Umverteilung argumentiert – von der deutschen "Zeit" bis zur britischen "Times".
Ähnliche Aussagen konnten in Österreich bislang nur in Ansätzen in den Zeilen der "Presse" und Interviews mit Herrn Haselsteiner gelesen werden. Offenbar wird nun aber den Herrschenden auch hierzulande klar, dass es so nicht mehr weiter gehen kann, wenn sie eine Zukunft haben wollen. Wenn der Kapitalismus keine Zukunft mehr hat, macht uns das aber nicht unbedingt traurig.
Daher meinen wir, dass all diesen Aussagen trotz ihrer teilweisen Richtigkeit eines fehlt: Dringlichkeit! Österreich ist eines der reichsten Länder der Welt, trotzdem leben 500.000 Menschen hierzulande in Armut und eine Million sind armutsgefährdet. Diese Menschen arbeiten hart und können trotzdem nicht menschenwürdig davon leben.
Daher wird es Zeit, dass die Arbeitenden JETZT vom Wirtschaftswachstum profitieren – bei der heurigen Kollektivvertragsrunde. Aussagen wie jene der Unterrichtsministerin, dass auch die BeamtInnen eine Nulllohnrunde akzeptieren sollen, kommen uns Lohnabhängigen da so gelegen wie ein Kropf. Und die Kluft lässt sich schon jetzt im Sinne des Herrn Stronach ganz leicht verringern – keine Steigerung der Gewinnausschüttungen und der Boni für die ManagerInnen, die prozentuell über den Lohnerhöhungen der Beschäftigten liegen! Das wird ganz schnell dazu führen, dass die Unternehmen von sich aus deutlich mehr anbieten. Und damit wäre ein erster Schritt zur Sicherung der Lebensbedingungen von über einer Million Menschen in diesem Land getan. Auf Herr Strohnach&Co: Lassen sie ihren Worten in ihren Betrieben Taten folgen!
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