Freitag, 18. November 2011

Wessen Schulden bremsen?

Jetzt wird unter dem Vorwand der steigenden Staatsschulden auch in Österreich einmal mehr der Sozialabbau ausgerufen. Und schon das, was wir bis jetzt von den Plänen der Herrschenden und ihrer Regierung wissen, lässt darauf schließen, dass es der größte soziale Kahlschlag der zweiten Republik werden wird, wenn wir nichts dagegen tun.

Bejubelt von der Wirtschaft und ihren sog. ExpertInnen hat nun auch die österreichische Regierung nach dem Vorbild Deutschlands eine sog. Schuldenbremse beschlossen. Damit sollen per Verfassungsgesetz die Budgets der öffentlichen Haushalte (Bund, Länder und Gemeinden) bis 2017 de facto ausgeglichen bilanzieren. Dadurch soll die Staatsverschuldung wieder unter 60% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) gesenkt werden und so soll auch das sog. Triple-A Rating für Österreich gerettet werden.

Triple A


Auch diese Ratings sind so eine interessante Besonderheit des Kapitalismus. Einerseits wird uns vorgebetet, dass der freie Markt selbst alles am besten ohne Eingriff von außen regelt. Und dann bestimmen einige wenige BewerterInnen (denn Rating bedeutet ja letztlich nichts anderes als Bewertung) doch wieder wie vertrauenswürdig Firmen, Staaten, Finanzprodukte oder was auch immer sind. Und so bestimmen sie abseits jeglicher demokratischen Legitimation über die Zukunft von Staaten und Milliarden Menschen. Innerhalb von Stunden können sie Milliarden Euro an Werten vernichten oder schaffen, indem sie die Kosten für Staatsanleihen durch ihre Bewertungen beeinflussen.
Um also das AAA-Rating für Österreich zu erhalten, müssen laut Regierung bis 2020 jedes Jahr zwei Milliarden Euro an strukturellem Defizit abgebaut werden. In Anbetracht der in den letzten Tagen massiv angestiegenen Zinsen für österreichische Staatsanleihen wird das aber wohl kaum reichen. Aber darum geht es auch gar nicht. Unter dem Vorwand der Staatsverschuldung soll einmal mehr massiv von unten nach oben umverteilt werden. Die kriselnden Banken sollen weiterhin mit Geld von der öffentlichen Hand bedient werden, während bei unseren Sozialleistungen massiv gespart wird.

Rettung für wen?


Für die Banken ist das auch notwendig, den diesen droht momentan der Supergau. Sie haben in den letzten Jahren einfach zu viel Geld in spekulative Geschäfte gesteckt. Heute stößt dieses Wirtschaftsmodell an seine Grenzen, da zahlreiche FinanzinvestorInnen in ihrer Panik Geld sehen wollen und ihre Fonds abziehen. Doch die Banken können das Geld nicht auszahlen, da insgesamt viel mehr Geld in Finanzgeschäften steckt als die Realwirtschaft überhaupt wert ist. Doch ausgezahlt kann nur reales Geld werden und das gibt es halt nun einmal nur in der Realwirtschaft und nicht in Form von langen Zahlen mit vielen Nullen, die nur in Computern existieren. Diese sind nichts wert, sie sind keine Produkte, haben keine materielle Form. Niemand kann sie essen oder zu etwas anderem nutzen – daher gibt es dafür am Markt auch kein wirkliches Geld.
Es geht also darum, den Superreichen, denn niemand anderes sind in letzter Konsequenz die FinanzinvestorInnen, ihre Vermögen zu retten. Das immer wieder vorgeschobene Argument der Rettung der Einlagen der kleinen SparerInnen ist nur ein Ammenmärchen. Die paar Euro könnten sich alle europäischen Staaten locker leisten. Aber selbst diese geringen Beträge werden über die Klinge springen müssen, wenn die Abermilliarden der Reichen und Superreichen in Gefahr sind.

Sozialmassaker


Mit den Einschnitten, die der breiten Masse der Bevölkerung in Anbetracht dieser Situation drohen, wird es zu scharfen Veränderungen in der gesellschaftlichen und politischen Situation kommen. Wir arbeitenden Menschen, PensionistInnen und Jugendlichen werden vor der Frage stehen, ob wir uns das noch länger gefallen lassen, oder aber unsere Zukunft endlich selbst in die Hand nehmen. Sonst ist ein harter Sparkurs auf unsere Kosten unausweichlich. Die ÖVP will beim Pensionssystem, bei den Beschäftigten im öffentlichen Dienst, bei den ÖBB, im Gesundheitswesen usw. kürzen. Die SPÖ-Führung akzeptiert dieses Programm prinzipiell, will aber zusätzlich eine Vermögenssteuer, damit sie uns das Sparpaket als sozial ausgewogen verkaufen kann. Doch sozial ausgewogen wird das Sparpaket sicherlich nicht sein, dazu müssten Gewinne und Vermögen frontal angegriffen werden. Sie haben die Krise verursacht – sie sollen sie auch bezahlen!
Genau um das zu verhindern, sehen wir in ganz Europa, dass die etwas intelligenteren Teile der Herrschenden von sich aus Vermögenssteuern fordern (und wir z.B. in Italien auch umsetzen), weil sie Angst vor politischen und sozialen Unruhen haben, wenn die Krise vollständig von uns Lohnabhängigen bezahlt wird. Genau deswegen sagen sie auch, dass wir über unsere Verhältnisse gelebt haben, zu kurz arbeiten wollen, zu viel verdienen, zu viele Sozialleistungen bekommen … Nirgendwo in den bürgerlichen Massenmedien ist die Rede davon, dass die Herrschenden und Superreichen über unsere Verhältnisse gelebt haben, indem sie einfach zu viel aus uns herauspressen wollten, weil sie ihre nimmersatten Mäuler nie voll bekommen konnten.
Kein Wunder ist es auch, dass die Krise der Staatsschulden gerade jetzt kommt. Nach drei Jahrzehnten Privatisierungen, Lohnabbau, Jobabbau, Streichung von Sozialleistungen und Austrocknung der öffentlichen Haushalte und Leistungen, gibt es einfach nicht mehr genug Nachfrage, um das Kartenhaus des modernen Kapitalismus aufrechtzuerhalten. Wir haben es also mit einer klassischen Überproduktionskrise zu tun. Es wird so viel produziert, dass es nicht mehr ausreichend profitabel verkauft werden kann. Der Kapitalismus stößt einmal mehr an seine Grenzen. Er kann diese nur überwinden, indem den arbeitenden Menschen ein enormer Tribut abverlangt wird. Nur durch ein wahres Massaker des Sozialabbaus, kann sich der Kapitalismus noch retten.

Entweder oder!


Wir stehen also einmal mehr vor der Wahl, unsere Arbeits- und Lebensbedingungen überall auf dieser Welt massiv verschlechtern zu lassen, dadurch den Komapatienten Kapitalismus einmal mehr am Leben zu erhalten und sodann auf die nächste kapitalistische Krise zu warten, oder aber ein für alle Mal Schluss mit den immer wiederkehrenden Krisen zu machen indem wir deren Ursache, den Kapitalismus selbst, auf dem Abfallhaufen der Geschichte entsorgen.
Ein Anfang dafür wäre es, die österreichischen Staatschulden nicht mehr zu bedienen – also keine Zinsen mehr dafür zu bezahlen, sowie in der Folge die Staatschulden zu streichen. Hier liegt tatsächlich ein enormes Sparpotenzial. Für Zinszahlungen musste Österreich 2010 runde zehn Milliarden Euro zahlen. Damit wären die Sozialleistungen sowie alle erforderlichen Ausgaben im Bildungs- und Sozialbereich locker zu finanzieren. Und kosten würde es tatsächlich niemanden etwas, wenn Österreich seine Zinsen nicht mehr bezahlt. Diese sind ja letztlich nur dazu da, die Reichen und Superreichen noch reicher zu machen, die die von ihnen eingesetzten Beträge in Form von Zinsen in den vergangenen Jahren ohnedies schon vielfach zurückgekommen haben. Diese Gruppen sind es schließlich, bei denen Österreich seine Schulden hat, nicht aber die arbeitenden Menschen dieser Welt.
Diese Forderungen muten auf den ersten Blick radikal an. Tatsächlich sind sie aber die einzige Lösung und werden daher von den ArbeiterInnenbewegungen in Griechenland und Italien bereits immer lauter und lauter erhoben. Parallel dazu müssen wir in Österreich und international eine stark progressive Besteuerung von Reichtum und Gewinnen durchsetzen, um eine echte Umverteilung in Gang zu setzen. Und es gilt ordentliche Lohnerhöhungen weit über der Inflationsrate und der Zunahme der Gewinne bzw. Gewinnausschüttungen durchzusetzen. All das wird aber so lange scheitern, wie die entscheidenden Bereiche der Wirtschaft unter der Kontrolle des Kapitals stehen. Diese werden nämlich immer wieder Schlupflöcher finden und schaffen (schließlich kontrollieren sie letztendlich auch die Regierungen), um ihre Interessen durchzusetzen und den Profit auf unsere Kosten noch mehr und mehr steigern. Die Finanzwirtschaft, die Versicherungen und die Großkonzerne müssen der Kontrolle durch das Kapital entrissen und einer demokratischen Verwaltung durch die Gesellschaft unterworfen werden. Das ist heute der Kern der Lösung, indem so die entscheidenden Machtbasen des Kapitalismus abgeschafft werden, was den Aufbau einer Gesellschaft für die Menschen statt für den Profit erst möglich macht.
Entweder wir als Lohnabhängige, BetriebsrätInnen, GewerkschafterInnen und ArbeiterInnenbewegung stellen uns heute dieser Herausforderung oder die nächste Krise kommt bestimmt. Und diese wird dann zu ihrer Überwindung noch härtere Einschnitte brauchen. Davon haben wir aber schon viel zu viele erduldet. Daher: Schluss mit lustig – Kampf der Ursache der Krise(n) – Kampf dem Kapitalismus!

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