Nach acht Monaten von Massenbewegungen im gewerkschaftlichen, studentischen und Jugendbereich in den US-Städten Madison, Columbus und Indianapolis hat sich nun eine Bewegung gebildet, die sich gegen Banken, internationale Finanzinstitutionen und Konzerne richtet und fordert, dass diese für den verheerenden Schaden, den sie in unserer Gesellschaft angerichtet haben, aufkommen. Im Gegensatz zu vielen anderen amorphen Bewegungen rund um den Globus richtet sich diese Bewegung somit gegen den Kern des modernen Kapitalismus und stellt so die Klassenfrage in den Mittelpunkt.
Anfangs waren es nur ein paar Dutzend AktivistInnen, deren Ziel es war, den räuberischen Charakter der Wall Street zu zeigen, und die Regierung für ihre Unterordnung unter die Wünsche der Hochfinanz zu kritisieren. Dies erfolgte durch die Besetzung des Parks (den sie in Freiheitsplatz umbenannten) inmitten von Manhattans Finanzviertel. Mittlerweile ist der Protest zu einer USA-weiten Bewegung angewachsen. Ihr Ziel lautet nunmehr, jene zusammen zu bringen, die sie als die 99% von Amerika bezeichnen.
Die Breite der Bewegung reicht von verschuldeten StudentInnen über Langzeitarbeitslose und Jugendliche, sowie verarmte PensionistInnen bis zu militanten GewerkschafterInnen. Sie alle können und wollen dieses System, welches nur ganz wenige privilegiert, nicht mehr länger tolerieren. Für viele Beteiligte ist es eine Gegenbewegung gegen die reaktionäre Tea Party, ein Widerstand gegen Kürzungen und steigende Armut. Für die meisten ist die Bewegung auch ein Symbol der Hoffnung, dass die Opfer der Krise nunmehr aufstehen und ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen. Die Sympathie für die Bewegung im ganzen Land ist enorm.
Weltweite Aufmerksamkeit hat nicht zuletzt der Marsch auf die Brooklyn Brücke erregt, wo 700 DemonstrantInnen verhaftet wurden, nachdem die Polizei die Protestierenden absichtlich in die Fahrbahnzone gedrängt hatte, um einen Vorwand zu haben, sie wegen Verkehrsbehinderung festzunehmen. Dieses vorbereitete Polizeimanöver hat eine Solidaritätskampagne entfacht, die die sofortige Freilassung aller bei diesem Vorfall inhaftierten Menschen verlangt.
Sicherlich hat so auch die Polizeigewalt in New York dazu beigetragen, dass sich die Bewegung schneller als ein Hurrikan von Ost nach West verbreitet hat, da so mehr als offensichtlich wurde, dass die Regierenden einmal mehr die Besitzenden und ihre Interessen verteidigen – erforderlichenfalls auch mit Gewalt, wenn deren Reichtümer angegriffen werden. Immer mehr und mehr Plätze im ganzen Land werden besetzt – Kairo, Madrid, Athen und so viele andere Städte im Nahen Osten und Nordafrika gibt es jetzt also auch in den USA.
Mittlerweile beteiligen sich auch bedeutende Gewerkschaften an den Protesten, was deren Erfolgsaussichten sicherlich enorm steigert. Die militante New Yorker Sektion der Teamsters (Gewerkschaftsbezirk 100) hat in einer Entschließung die Polizeireaktion verurteilt und die Besetzung begrüßt. Andere Gewerkschaften wie die Dienstleistungsgewerkschaft SEIU (Service Employees International Union) oder der LehrerInnenverband haben Solidaritätsadressen an die BesetzerInnen geschickt und UnterstützerInnen entsandt.
In Anbetracht all dieser Aspekte könnte sich diese Bewegung zu einer Neuformierung der US-arbeiterInnenklasse auswachsen und einen Beitrag dazu leisten, dass diese sich endlich ihre eigene politischen Partei schafft. Dazu muss aber klar sein, dass Occupy Wall Street nicht nicht reicht. Es geht um die ganze Welt. Denn dies ist unsere Welt!
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