Wahrscheinlich war es der größte Streik der Geschichte als am 20. und 21. Februar heurigen Jahres mehr als 100 Millionen Beschäftigte in den Ausstand traten. Sie folgten dem Aufruf von elf Gewerkschaftsdachverbänden, gegen die arbeitnehmerInnenfeindliche Politik der Regierung auf die Straße zu gehen. Fast ganz Indien stand still.
Streiks sind in der indischen Geschichte nichts besonderes. Sie gehören fast zum Alltag, haben aber seit 1991 deutlich zugenommen als der damalige Premierminister Narasimha Rao die Wirtschaft liberalisierte, um ausländische Direktinvestitionen anzuziehen, und eine Privatisierungswelle lostrat. Ab 2008 haben sich die Arbeitskämpfe mit einer verstärkten Zusammenarbeit der Gewerkschaftsdachverbände nochmals intensiviert.
Mit dem Generalstreik im Februar könnte eine erneute Wende in der Klassenauseinandersetzung eintreten. Erstmals waren nämlich die Beschäftigten bedeutender Branchen wie etwa Erdölproduktion, Waffenherstellung, Bankwesen, Versicherungen und Telekommunikation in nahezu allen Bundesstaaten zu fast 100% beteiligt. Eine Reihe weiterer Sektoren inklusive der Beschäftigten multinationaler Unternehmen beteiligten sich.
Das wirklich besondere an diesem zweitägigen Streik war aber die Tatsache, dass erstmals Gewerkschaften aus unterschiedlichen politischen Lagern zu einer 48-stündigen Aktion zusammengefunden haben. Selbst der Indian National Trade Union Congress (INTUC), welcher der regierenden Kongresspartei nahesteht, beteiligte sich aktiv an der Vorbereitung, da sich die Regierung nicht um die Anliegen der Lohnabhängigen kümmert. Daran könnten sich viele Gewerkschaften auf der Welt ein Vorbild nehmen.
Zu den Anliegen des Streiks gehören Maßnahmen gegen die galoppierenden Preiserhöhungen bei z.B. Öl (Verachtfachung des Preises innerhalb kürzester Zeit!), Diesel, Gas, Kohle und Strom, soziale Absicherung für die Beschäftigten in unorganisierten Branchen, ein lebenssichernder Mindestlohn, die Fixanstellung von jenen mit unsicheren Arbeitsverhältnissen, sowie Maßnahmen gegen permanente Verletzungen des Arbeitsrechts und die Angriffe auf Gewerkschaftsrechte. Die massenhafte Beteiligung am Streik zeigt, dass es den Gewerkschaften gelungen ist, die Anliegen der Lohnabhängigen aufzunehmen und in Aktionen umzusetzen.
Trotzdem der Streik bereits fünf Monate zuvor angekündigt worden war, gab es bis Mitte Februar keine Reaktion der Regierung. Erst dann gab es zwei Treffen, bei denen aber die Anliegen der arbeitenden Menschen mehr oder weniger ignoriert wurden. Offensichtlich sind die Herrschenden auch in Indien nicht bereit, diese zu erfüllen. Dafür wurden sie nun mit der einzigen Sprache konfrontiert, die sie verstehen: Der kollektiven Aktion der ArbeiterInnenklasse.
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